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Filmkritik
Für den Spielfilm „Eine Klasse für sich“ (1992) warb das Studio Columbia einst mit dem Slogan: „An all American Comedy for every generation“. Es ging in dem Original von Penny Marshall um einen wichtigen Schritt im Frauenbaseball: Im Jahr 1943, als die männlichen Stars prestigeträchtig nach Europa in den Krieg geschickt wurden, rief man die erste weibliche US-Profiliga für Baseballspielerinnen ins Leben. Obwohl der Film mit Geena Davies und Madonna prominent besetzt war, tauchte als erster Name in den Credits bezeichnenderweise der des männlichen Stars, Tom Hanks, auf, der als zunächst ständig besoffener Ex-Baseballstar das Frauenteam der Peaches gegen seinen Willen trainieren muss.
„Eine Klasse für sich“ war ein unterhaltsamer Hollywoodfilm über die Rolle der Frauen im Krieg, die eigentlich Ehe- und Hausfrauen waren. Sie bangten um ihre Männer auf den Schlachtfeldern und gewannen durch den Sport, den Teamgeist und die Aufmerksamkeit der Medien an Selbstbewusstsein; einige emanzipierten sich, andere eher nicht.
Eine spektakulär Neuinterpretation
Dreißig Jahre später gibt es jetzt eine spektakuläre Neuinterpretation des Stoffes, der in der ersten Staffel mit acht Folgen und weit über 400 Minuten die Dramaturgie des Originals komplett verändert. An dieser Serie lässt sich exemplarisch ablesen, wie sehr sich Hollywood durch vertikales Erzählen und neue Erzählformen in den letzten Jahren verändert hat. „A League of Their own“ sei schwarz, queer und in keinster Weise der Versuch eines Remakes, umschrieb es sehr treffend das Boulevardblatt USA Today.
In zwei Strängen erzählen die Showrunner Abbi Jacobson und Will Graham und die Regisseurin Jamie Babitt von der weißen Hausfrau Carson (gespielt von Abbi Jacobson selbst), die das Team der „Rockford Peaches“ anführt und coacht, sowie von Maxine (Chanté Adams), einer afroamerikanischen Baseball-Verrückten. Beide Frauen outen sich im Verlauf der Handlung als lesbisch, leben ihre Sexualität und Lust auf Frauen aus und brechen mit bürgerlich akzeptierten Lebensentwürfen.
Es zeichnet die Serie aus, dass auch die vielen Nebenfiguren genug Raum erhalten und aus dem Ganzen wirklich ein Ensemblewerk wird. So verliebt sich Carson in die extravagante Greta (D’Arcy Carden), die seit Jahren Affären mit Frauen hat, ihre bürgerliche-heterosexuelle Fassade aber aufrecht zu halten versucht und ein nahezu perfektes Doppelleben führt. Die sich jungenhaft gebende Kanadierin Jess (Kelly McCormack) ist genauso lesbisch wie die spanischstämmige Pitcherin Lupe (Roberta Colindrez), welche Gefühle aber nie zulassen will. In Parallelmontagen sieht man auch, wie nicht nur weiße lesbische Frauen und weiße schwule Männer in geheimen Clubs zusammenkommen, sondern wie auch Maxine, die sich jetzt Max nennt, ihre Tante aufsucht, die ebenfalls queer ist, Männerkleidung trägt und geheime Partys für lesbische und schwule Afroamerikaner organisiert.
Grenzen & Grenzüberschreitungen
Trotz der dramaturgischen Schwerpunkte auf Diversity und die Folgen von Rassismus und der Ausgrenzung der schwarzen Minderheit verstehen es die Macher:innen zugleich, mitreißend spannende Baseball-Szenen zu inszenieren, die vorzüglich unterhalten und den Sport näher bringen als die meisten Hollywoodfilme, die die US-amerikanische Sportart meist nur als Folie für Helden- oder Antiheldengeschichten benutzen. Gerade als Serie über Sportlerinnen, die leidenschaftlich spielen und kämpfen und sich als Underdogs gegen spielstärkere Teams beweisen müssen, fasziniert „A League of Their Own“ und begeistert durch ihren hohen Unterhaltungswert.
Dennoch bleibt zu hinterfragen, ob dieses Umschreiben von Geschichte nicht auch über das Ziel hinausschießt und überdies politisch diffus und unscharf bleibt. Die Männerfiguren bewegen sich hart an der Klischeegrenze und bleiben meistens blass. Der Krieg gegen Hitler-Deutschland und die Angst um die Männer an der Front wird schon deshalb kaum thematisiert, weil – anders als in Marshalls Spielfilm aus dem Jahr 1992 die meisten Spielerinnen jetzt nicht verheiratet sind und sich auch nicht zu Männern hingezogen fühlen. Trotz des Verständnisses dafür, „latent lesbische Untertöne“ auszubauen, die Abbi Jacobson schon im Original zu sehen glaubte, wirkt das eher wie eine reine Umkehrung. Wobei die Serie zudem die historischen Realitäten verharmlost: Wie gefährlich es für Frauen in den 1940er-Jahren war, lesbisch zu sein, wie sehr sie von einer Mehrheitsgesellschaft noch stigmatisiert und verachtet wurden, wird nur in einer einzigen Szene angedeutet, als die Polizei eine lesbisch-schwule Party brutal stürmt.
Die Folgen des Polizeieinsatzes werden dann eher heruntergespielt. In den finalen Folgen löst sich viel politisches und gesellschaftliches Konfliktpotenzial in Feel-Good-Movie Lösungen auf. „A League of Their Own“ ist deshalb auch ein gutes Beispiel dafür, wie weit der Mainstream in US-amerikanischen Serien zu gehen bereit ist und wo dann doch seine Grenzen sind.