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Filmkritik
London im Hier und Jetzt, zur Weihnachtszeit. In einem altehrwürdigen Club findet ein Empfang statt, doch James Bowen (Luke Treadaway), der Mann mit den langen Haaren und dem löwenfarbigen Kater auf der Schulter, scheint sich in dem gediegen-luxuriösen Ambiente nicht wirklich wohlzufühlen. Sein Kater Bob blickt aufmerksam in die Runde, bewegt aber immer wieder angespannt den Schwanz.
Die beiden werden von vielen Menschen lächelnd begrüßt, was kein Wunder ist, denn der Kater wie sein Herrchen illustrieren den Einband eines überall präsenten Buches: „A Street Cat Named Bob“. Dann wird die Weihnachtsfeier eröffnet und Buch und Autor vorgestellt. James entfernt schnell noch das Etikett von der Reinigung an seiner Anzugsjacke. Man merkt, dass all das neu und fremd für ihn ist. Er trinkt Orangensaft und teilt sich die Häppchen mit dem Kater. Bald darauf geht er wieder.
Wie schnell sich alles ändern kann
James ist ein freundlicher, aber tief misstrauischer Mann. Die Geschichte seines Lebens und die Freundschaft mit dem Kater Bob sind in dem Buch beschrieben. Es wird überall in den Buchläden der vorweihnachtlichen Londoner City verkauft. Wie schnell sich alles ändern kann, merkt er, als er einen Gitarrenspieler aus den Händen des Ordnungsamtes rettet und ihn zum Essen einlädt. Der junge Mann hält ihn für einen Aufschneider, der vom harten Leben auf der Straße keine Ahnung hat. Doch James erzählt ihm seine Geschichte als Straßenmusiker und Ex-Drogenabhängiger, von hartherzigen Angestellten des Tierschutzamtes, von der wunderbaren Beziehung zu seinem Kater Bob, aber auch von menschlicher Solidarität und der Hilfsbereitschaft seiner Freunde und Nachbarn, etwa dem pakistanischen Ladenbesitzer Moody (Phaldut Sharma).
James erzählt auch von der Zeit vor einem Jahr, als sein Geld nicht einmal mehr für Strom reichte und ein böswilliger Mitarbeiter des Tierschutzamtes obendrein einen Prozess gegen ihn einleitete, um Bob aus seiner Obhut zu nehmen. Er erzählt von der bitteren Konkurrenz zwischen den Leuten auf der Straße, aber auch von bierseligen Versöhnungen im Pub mit Mick (Celyn Jones), seinem schärfsten Konkurrenten. Doch als Bobs Weihnachtsfest so richtig finster zu werden drohte, organisierte Nachbar Moody eine Kampagne im Internet, mit unerwarteten Folgen.
Vom Überleben in der Jetztzeit
„Ein Geschenk von Bob“ ist die Fortführung von „Bob der Streuner“, einer Verfilmung des gleichnamigen autobiografischen Romans von James Bowen, in dem es um Armut im modernen London geht. Er beruht auf der Geschichte des 1979 geborenen Straßenmusikers James Bowen, der die Obdachlosenzeitung „The Issue“ verkaufte und seit 2007 mit seinem Kater Bob zusammenlebte. Durch den Kater schaffte Bowen es dann sogar, von seiner Drogensucht loszukommen. Seine Erinnerungen wurden zum Bestseller.
Der zweite Film erzählt als Rückblende nun vom Überleben in einer gefühlsbeladenen Jahreszeit. „Weihnachten ist keine Jahreszeit, sondern ein Gefühl“, sagt James’ Freundin Bea (Kristina Tonteri-Young), die beim selbstverwalteten Wohltätigkeitszentrum arbeitet.
„Ein Geschenk von Bob“ ist eine anrührende Vorweihnachtsgeschichte, die sich aber nicht zum rührseligen Wohlfühlfilm entwickelt. Das liegt an dem distanzierten, mitunter trotzigen Gesichtsausdruck von Hauptdarsteller Luke Treadaway, der deutlich zu verstehen gibt, dass ein zum Erfolgsschriftsteller mutierter Ex-Drogenabhängiger noch keine Lösung der sozialen Frage ist, allenfalls ein Hoffnungszeichen. Darin korrespondiert Treadaway mit dem skeptisch-interessierten Blick des Katers, der sich in beiden Filmen selbst spielt.
Ein Korrektiv zur durchaus vorhandenen Weihnachtssentimentalität sind skurrile Episoden, etwa wenn ein Politiker beim Fototermin Bowen einen Geldschein in die Hand drückt, der sich dann als wertlose albanische Banknote erweist. „Ein Geschenk von Bob“ ist ein unterhaltsamer Film, der nachdenklich macht, Weihnachtssentimentalität ohne Kitsch, und eine Erinnerung an einen großartigen Darsteller: Kater Bob verstarb im Juli 2020 im Alter von 14 Jahren.