Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
„Dungeons & Dragons“ ist ein Fast-Food-Baukasten der Fantasy. Die Reihe, die 1974 als Pen-&-Paper-Rollenspiel entworfen wurde, spielt in keiner erhabenen oder sakralen Welt wie Tolkiens „Mittelerde“ und ist auch nicht so düster und exzentrisch wie Mervyn Peakes „Ghormengast“. „Dungeons & Dragons“ ist bunt, kindlich, vielfältig und dabei äußerst zugänglich – eine Einstiegsdroge für den Nachwuchs.
Die Verfilmung durch das Regie-Duo John Francis Daley & Jonathan Goldstein spricht exakt die Rezeptoren an, die sich seit den 1970er-Jahren am Spieltisch erfreuen, wo Kinder und Erwachsene mit Stift, Papier und Würfel die vorgefertigten und selbsterdachten Welten ausleben und auswürfeln.
Eine kongeniale Umsetzung
„Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben“ ist der zweite Versuch, die Reihe an den Kinokassen zu etablieren. Anders als der Vorgängerfilm aus dem Jahr 2000 ist die Daley-&-Goldstein-Version kein generischer, mit dem Lizenznamen bestickter Camp, sondern ein Film, der im Einklang mit der Spielvorlage steht. Nicht allein das bunte und oberflächliche aus dem reichhaltigen Fundus von Fantasy und Mythos zusammengeklatschte Setting, sondern auch die von Würfel und Stift abhängige Spielemechanik wird hier in Bewegtbilder übersetzt.
Wie es sich für die Adaption eines als endlos konzipierten, unendlich wiederspielbaren Rollenspiels gehört, gibt es in „Dungeons & Dragons“ zunächst eine Menge zu sehen: Die „Vergessenen Reiche“ aus dem Spiel münden in eine schier endlose Ansammlung von CGI-Panoramen: vulkanische Unterwelten, magische Wälder, urbane Ozeane, fliegende Städte und viele mehr. In ihnen verbergen sich die titelgebenden Dungeons, die Schatzkammern, Tavernen, Stollen, Verließe, Gänge, Räume. Wobei die Welt von „Dungeons & Dragons“ nicht minutiös konstruiert, sondern schnell ins Bild gestellt, überflogen und ebenso schnell wieder eingerissen oder aus dem Bild gewischt wird. Nicht Komplexität, sondern Vielfalt ist hier gefragt.
Das gilt auch für Figuren und Besetzung. Nahezu jeder Fantasy-Archetyp (Dieb, Barbarin, Druidin, Magier, Elf, Zwerg, Paladin, Ork, Vogelwesen, Echsen und so weiter) ist vertreten und gleichermaßen divers und fantastisch besetzt. „Dungeons & Dragons“ ist ein Foliant, gefüllt mit so ziemlich allem, was seit den 1970er-Jahren auf den Spieltischen der Welt ausgeheckt wurde. Das ständige „und so weiter“ wird zur Qualität, weil es nicht in die Tiefe geht, sondern seine Breite stets unverfänglich genug ist, um spielerisch zu bleiben.
Der Dieb und die Kriegerin
Seiner Mechanik nach ist „Dungeons & Dragons“ ein Würfelspiel. Aufgaben und Proben werden mit Charaktereigenschaften abgeglichen und einer Würfelprobe unterzogen. Daley und Goldstein, die spätestens mit „Game Night“ ein Händchen für PS-starken Spiele-Klamauk bewiesen haben, bringen die Rollenspiel-Mechanik mit dem gleichen Mechanismus nun auf die Leinwand.
Es beginnt mit den Folgen einer gescheiterten Probe. Der Dieb Edgin (Chris Pine) und die Kriegerin Holga (Michelle Rodriguez) sitzen nach einem misslungenen Diebstahl in einem Gefängnisturm in der Antarktis. Edgins Tochter Kira (Chloe Coleman), für die ihre leibliche Mutter verloren ist, aber in Holga eine mehr als adäquate Ersatzmutter gefunden hat, wurde derweil von deren ehemaligem Komplizen Forge (Hugh Grant) adoptiert und führt eine bequeme, auf den Lügen und dem Reichtum des Ziehvaters gebaute Existenz.
Der Ausbruch der Diebespartner entspinnt sich als eine brillant scheiternde (und dadurch visuell umso ansprechendere) Würfelprobe, an deren Ende Edgin, Holga und der Vogelmensch, der eigentlich als eine Art Bewährungshelfer antrat, aber kurzerhand unfreiwillig zum lebenden Fallschirm umfunktioniert wird, im Schnee landen und somit, der eigenen Stümperei zum Trotz, frei sind. Von hier aus werden die Tochter gesucht und die magische Reliquie, mit der ihre von bösen Magiern getötete Mutter wieder ins Leben gerufen werden kann.
Die Plot-Oberfläche ist breit und schlicht genug, um auch dort noch einen Überblick zu gewähren, wo das Diebes-Duo in den CGI-bepinselten Ländereien zur Diebesgemeinschaft zusammenwächst. Eine Druidin (Sophia Lillis), ein Magier (Justice Smith) und ein Paladin (Regé-Jean Page) werden angeworben, um dem waldvernichtenden und wohlstandsplündernden Entführer Forge das Handwerk zu legen. Oder genauer: um die Tochter aus seinem Palast und die Reliquie aus seiner Schatzkammer zu befreien. Hinter dem überreichen Hochstapler steckt allerdings eine alte Macht, die ebenfalls noch zur Strecke gebracht werden muss.
Eine kunterbunte Patchwork-Familie
Die Fantasy-Archetypen raufen sich dafür zu einer Spezies-übergreifenden Patchwork-Familie zusammen. Das Würfelproben-Prinzip, dem Daley und Goldstein persönliche wie potenziell weltvernichtende Aufgaben gleichermaßen unterordnen, gewährt genug Platz für die Fähigkeiten und Idiosynkrasien, die jedes Mitglied der Bande mitbringt. Vom Treffen mit dem alten Lover, dem Verhör einer Armee von Untoten bis zum Kampf im Kolosseum ist alles dabei und alles gleichermaßen spielerisch auf die jeweilige Pointe zugeschnitten.
Wo die Magie frei dreht, zieht auch der Film alle optischen und computergenerierten Register, und wenn die aberwitzigen Szenerien auszugehen scheinen, füllen gut gewählte Popkultur-Versatzstücke die Lücken. Das Ergebnis fühlt sich wie das melodramatische, klischierte und ungeheuer kurzweilige Fantasy-Abenteuer an, das seit 1974 am Tisch gespielt wird – mit 151 Millionen Dollar Budget.