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Filmkritik
Acht Jahre sind vergangen, seitdem eine Gruppe von unerfahrenen Jungdieben den Versuch unternahm, in das Haus des eines blinden alten Mannes einzubrechen, nur um am eigenen Leib zu erfahren, dass der eben nicht das erwartete leichte Opfer ist, sondern ein Navy-Seal-Veteran, der nicht zögert, seine im Golfkrieg erworbene Kampferfahrung einzusetzen, um sein Hab und Gut und erst recht das groteske Geheimnis in seinem Keller zu verteidigen.
Das Opfer als Monster ist kein Twist, der sich für eine Wiederholung in der Fortsetzung anbietet. Also stellt das uruguayische Filmemacher-Duo Rodo Sayagues und Fede Alvarez für den zweiten Teil des Films die Konstellation in schönster B-Movie-Manier auf den Kopf. Das Monster ist nun die Hauptfigur. Bei den Filmemachern wird ebenfalls hin- und hergeschoben: Sayagues, der im ersten Teil als Autor und Produzent mitwirkte, übernimmt den Regiestuhl von Alvarez, der stattdessen an Produktion und Drehbuch arbeitete.
Das wöchentliche Survival-Training
Der von Stephen Lang gespielte Mann hat sich ein von posttraumatischem Stress geprägtes „Familienidyll“ eingerichtet. Er lebt noch immer mit seinem treuen Rottweiler in einem Stadthaus, das im Vergleich mit der Ruine des ersten Teils, die wie ein Symbol des sozialen Verfalls erschien, halbwegs bewohnbar wirkt. Neu im Haus ist Adoptivtochter Phoenix (Madelyn Grace), die sich an der Seite des Mannes einem kompromisslosen Überlebenstraining unterwerfen muss. Raus darf sie nur, wenn sie die wöchentliche Survival-Übung besteht.
Die Welt da draußen ist schlecht. Sogar noch schlechter als angenommen, wie sich herausstellt, als der Mann eine seltene Ausnahme macht und Phoenix mit der befreundeten Ex-Rangerin Hernandez (Stephanie Arcila) in die Stadt schickt. Während Hernandez im Auto wartet, trifft Phoenix auf einen Fremden, der sich später als ein mit Drogen und Organen handelnder Mörder (Brendan Sexton III) entpuppt. Der Hund verhindert zunächst das Schlimmste. Bis der Raylan genannte Anführer mit seinen Schergen wenig später vor dem Haus der kleinen Familie steht.
Deutlich mehr B-Movie-Anteile
Der zweite Teil ist also erneut ein „Home Invasion“-Szenario. Die Kamera von Pedro Luque fängt das Versteckspiel zwischen den Einbrechern und dem Vater-Tochter-Gespann erneut mit einer lichtscheuen Eleganz ein. Zu den bereits aus dem ersten Teil bekannten ausgedehnten Spannungspassagen gesellt sich eine deutlich sichtbare Brutalität. Die Einbrecher sind keine unbedarften Jungspunde mehr, sondern schwer bewaffnete Kriegsveteranen, die, wenn sie nicht gerade Kinder entführen oder Organe aus Menschen schneiden, ihr Geld mit dem Kochen von Crystal Meth verdienen.
Die Fortsetzung bringt also deutlich mehr B-Movie in die Schablone des ersten Teils ein. Für Vater und Tochter verschärft sich die Lage dementsprechend. Phoenix nutzt in den Spannungspassagen ihr Überlebenstraining und die kindliche Cleverness. Der Alte wirft den Eindringlingen in den blutigen Momenten seinen Körper entgegen, verklebt ihre Atemwege mit Kleber, schlägt mit dem Hammer um sich oder spaltet Schädel mit dem Spaten. Stephen Lang spielt all das mit einer, nicht nur für sein Alter, beeindruckenden Physis. Körper und Reibeisen-Stimme gehen immer wieder über die eigenen Grenzen hinaus, brechen vor Verzweiflung und verlieren sich in einem im Schmerz ertrinkenden Gurgeln und Grunzen.
Ein Rest Menschlichkeit
Besinnungsloses Terrorkino ist „Don’t Breathe 2“ dennoch nicht. Vielmehr sind die blutigen Auseinandersetzungen geschickt um den blinden Protagonisten konstruiert. Entlang seiner geschärften Sinne finden Regisseur Sayagues und Kameramann Luque immer neue Wege, den Kampf um Leben und Tod in Szene zu setzen, sei es zum Geräusch knarrender Holzdielen, dem Klingeln einer Glocke oder der winzigen Wellen, die ein Fußtritt im Wasser eines vollgelaufenen Kellers wirft.
Dass ihre Hauptfigur bei allem Körpereinsatz im besten Fall ein Anti-Held bleibt, haben die Filmemacher im Drehbuch mit eingepreist. Einen Heiligen sucht man in „Don’t Breathe 2“ weiterhin vergebens, aber hinter der fast übermenschlichen Leidensfähigkeit des blinden Mannes steht am Ende dann ein erkennbarer Rest Menschlichkeit.