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Filmplakat von Die üblichen Verdächtigen

Die üblichen Verdächtigen

106 min | Drama, Krimi, Mystery | FSK 16
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Originaltitel: The Usual Suspects Los Angeles: ein Kriminellenquintett hat im Gefängnis den Plan zu einem Millionencoup geschmiedet. Bei der Durchführung wird den Akteuren schmerzlich bewußt, daß nicht sie die Handelnden sind, sondern daß sie wie Marionetten agiert haben. Durch Rückblenden werden allmählich die Puzzleteile zusammengesetzt, die die Falle ergeben.

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Filmkritik

Bereits in seinem ersten Spielfilm "Public Access" (1993 Preisträger beim "Sundance"-Festival und im selben Jahr im Wettbewerb von Mannheim) demonstrierte Bryan Singer, daß er in Sachen effektvoller Inszenierung seine Lektionen gelernt hat. Der medienkritische Ansatz in der Story um einen Fremden, der die Bürger einer Kleinstadt via Lokalfernsehen aufmischt, lief fast schon Gefahr, an der perfekten Oberfläche, die jeder Großproduktion zur Ehre gereicht hätte, abzugleiten. Drehbuch, Bild, Schnitt und Soundeffekte ließen kaum etwas zu wünschen übrig und empfahlen den Jungregisseur für größere Aufgaben.

Auch dieser zweite Singer-Film besticht durch seine routinierte und stilisierte Machart, die manchmal an den Eklektizismus der Coen-Filme erinnert - leider ohne deren ironische Distanz. Besonders drei Filme scheinen Singer inspiriert zu haben: An Tarantinos "Reservoir Dogs" (fd 29 780) und die zahllosen Flashbacks der "Schwarzen Serie" mag die Struktur des Films angelehnt sein, das Aufbrechen zeitlicher und kausaler Zusammenhänge. Motiviert ist es hier aber konkreter als bei Tarantino in den Aussagen eines Verbrechers, der als einziger eine gewaltige Explosion überlebt hat und von der Polizei verhört wird. Erst nach und nach erscheint die mögliche Vorgeschichte der Ereignisse, die zu dem großen Gemetzel auf einem Schiff im Hafen von San Pedro geführt haben könnte. Kubricks "Die Rechnung ging nicht auf" (fd 5484); gleichfalls ein Werk komplexer narrativer Struktur) und allgemeine inhaltliche Motive der "Schwarzen Serie" scheinen die Story beeinflußt zu haben.

Während einer dubiosen Gegenüberstellung bei der Polizei treffen die "üblichen Verdächtigen", fünf bekannte Gangster, zufällig (?) aufeinander. Trotz einiger Meinungsverschiedenheiten formiert sich aus der gegensätzlichen Gruppe eine schlagkräftige Verbrecherbande. Ihr "Kopf" ist Dean Keaton, ein ehemaliger Polizist, auf den es Inspektor Kujan, einer seiner Ex-Kollegen besonders abgesehen hat. Ist Keaton bei der Explosion zu Tode gekommen oder konnte er sich rechtzeitig absetzen? Was steckt überhaupt hinter dem blutigen nächtlichen Zusammenstoß zweier Verbrecherbanden im Hafen: Rauschgift oder das Geschäft um einen unliebsamen Zeugen? Die Aussagen des verkrüppelten Gangsters Roger "Verbal" (!) Kint lassen Kujan unbefriedigt: Kint zeigt sich von Keaton so beeindruckt, daß er ihn möglicherweise sogar deckt. Dann die Geschichte um dem ominösen Keyser Soze, den schier unbesiegbaren Gangsterchef, den keiner wirklich gesehen hat. Er soll der Auftraggeber der Bande um Keaton gewesen und über den nicht weniger geheimnisvollen Mittelsmann Kobayashi aufgetreten sein. Ist Keaton selbst Keyser Soze? Und dann der Rekurs auf "Rashomon" (fd 1875), Akira Kurosawas Meisterwerk. Die "verbale" Aussage mag ja noch anzuzweifeln sein, aber wenn das Bild sie zusätzlich bestätigt!? Kurosawa erschütterte das Vertrauen des Zuschauers in die Glaubwürdigkeit des Filmbildes. Kints Aussagen mögen sich zu einem Ganzen fügen, seine Darstellung fast den gesamten Film ausmachen. Und trotzdem ist sie nicht viel wahrer als irgendeine Geschichte, inspiriert von den zufälligen Objekten, Zetteln und Fotografien einer Pinwand im Polizeibüro einer amerikanischen Großstadt. Dies ist der entscheidende Moment des Films - und auch sein Problem.

Über aller Raffinesse in der Konstruktion versäumt es Singer, die Geschichte unabhängig von ihrem entscheidenden Finale glaubwürdig und packend zu erzählen (was natürlich auch in der Erzählperspektive begründet ist). Besonders die Charaktere der Gangster bleiben relativ diffus. Mit Abstrichen bei Gabriel Byrnes Figur, geraten sie über Stereotypen kaum hinaus. Mitunter droht der Film in all seiner Stilisierung durch Kamera, Schnitt, Musik und Erzählstruktur förmlich zu erstarren. Was den bewußten und effektvollen Einsatz der Mittel angeht, muß Bryan Singer bereits heute kaum einen Vergleich scheuen. Doch seinen Filmen - über die Vitalität ihrer Figuren - wirkliches "Leben" einzuhauchen, daran sollte er weiterfeilen. Kino ist eben doch noch mehr als reflektierte Filmgeschichte.

Erschienen auf filmdienst.deDie üblichen VerdächtigenVon: Hans Jörg Marsilius (2.4.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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