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Filmplakat von Die Passion Christi

Die Passion Christi

127 min | Drama, Historie | FSK 16
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Im Jahre 30 n. Chr. verkündet ein jüdischer Zimmermann namens Jesus von Nazareth, dass das Reich Gottes nahe sei. Er hat viele Anhänger, aber auch Feinde. Den Pharisäern ist er ein Dorn im Auge, deshalb sorgen sie dafür, dass er verhaftet wird. Nun beginnt sein Leidensweg. (aga)

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Filmkritik

Mel Gibsons „Die Passion Christi“ ist der vielleicht radikalste, brutalste und wahrscheinlich auch kurioseste Jesusfilm aller Zeiten. Was anfangs ein intimes Glaubenszeugnis des Regisseurs gewesen sein mag, wurde durch die gnadenlose Vermarktung ein spekulatives Produkt, das man kaum noch unvoreingenommen zur Kenntnis nehmen kann. Versucht man, sich vom Ballast der zahllosen Diskussionen zu befreien, kann man in Umrissen einen Film erkennen, der ein zentrales Mysterium des christlichen Glaubens in den Mittelpunkt stellt: die Deutung des Kreuzestodes Jesu als Erlösungstat für die Menschheit, wie es bereits im vorangestellten Motto aus Jesaja 53,5 („Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen ... durch seine Wunden sind wir geheilt“) anklingt.

Gibsons Film ist ein drastisches Passionsspiel. Es erzählt von den letzen zwölf Stunden im Leben Jesu. Die Handlung beginnt im Garten Getsemani und endet im Grunde mit Jesu Tod am Kreuz. Die Auferstehung ist als filmisch unbefriedigend umgesetzter Epilog nur angehängt. Der Film eröffnet mit dem betenden Jesus in der Zwiesprache mit Gott. Damit stellt Gibson seine Grundaussage an den Anfang: Jesus ist Gottes Sohn, der auf die Welt gekommen ist, um den Auftrag seines Vaters zu erfüllen, sein Leben hinzugeben, damit die Menschheit mit Gott versöhnt wird. Satan, der in androgyner Gestalt – dargestellt von einer Schauspielerin, aber mit männlich tiefer Stimme – als Versucher an ihn herantritt, ist der dritte Akteur im Heilsdrama. Mit dem Verrat Jesu und der Verhaftung durch die Knechte des Hohenpriesters beginnt die Leidensgeschichte – ein nicht enden wollender Weg der Grausamkeiten, an dessen Ende der Körper Jesu so gnadenlos zerstört ist, dass es keinen Zentimeter ohne Blut und Wunden gibt. Schon die Knechte des Hohenpriesters misshandeln Jesus rabiat, als er vor dem Hohen Rat als Gotteslästerer angeklagt wird. Noch erbarmungsloser sind die römischen Henkersknechte. In einer unglaublich brutalen Szene wird Jesus auf Befehl des Statthalters Pontius Pilatus ausgepeitscht, bis seine Haut in Fetzen hängt und große Blutlachen im Hof zurückbleiben. Der Weg zur Hinrichtung ist nochmals eine endlose Reihe von Stürzen und Schlägen. Neben Maria, Maria Magdalena und Johannes, die Jesus auf seinem Weg bis zum Ende begleiten, erscheint immer wieder Satan inmitten der Schriftgelehrten, römischen Soldaten oder im Volk.

Jesus vollendet seine Mission am Kreuz mit dem Satz „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Im gleichen Moment schreit Satan, der den göttlichen Heilsplan nicht hat verhindern können, gellend auf. Damit verweist Gibson auf den Anfang und schließt den Kreis. Unterbrochen wird der Kreuzweg immer wieder durch kurze Rückblenden auf das Leben Jesu, die zum Teil erfunden (Kindheit, Jesus als Zimmermann), zum Teil klassischen Bibelstellen (Bergpredigt, Abendmahl) entlehnt sind. Gibson stellt den Opfertod Jesu in den liturgischen Kontext, montiert Szenen der Aufrichtung des Kreuzes und des Abendmahls parallel, bei dem Jesus Brot und Wein als seinen Leib und sein Blut interpretiert. Diese Verknüpfung ist eine auch theologisch stimmige Umsetzung seines Konzepts. Sie kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film unter einem grundsätzlichen Problem leidet, weil er nämlich nicht als Meditation über Glaubenswahrheiten angelegt ist, sondern „die Wahrheit“ als vorgeblich realistisches, in allen Details ausgemaltes Geschehen vermitteln will. Die Dialoge in Lateinisch und Aramäisch sollen historisch verbürgte Authentizität vermitteln, obwohl die Bibel doch ein Glaubenszeugnis und kein Dokumentarbericht ist. Die Mischung aus biblischen Texten, frommer Legende (Veronika), traditioneller Symbolik (Schlange, Taube) und Bildern einer ins Mittelalter zurückreichenden Blutmystik ergeben Bezugsebenen, die Katholiken z.T. durchaus vertraut sind. In Kirchenliedern heißt es beispielsweise, dass die Gläubigen „in seinem Blute gereinigt von Schuld“ sind. Gibson versteht dies nicht metaphorisch, sondern meint, er könne dies darstellen, indem er Ströme von Blut über die Leinwand fließen lässt. Eine ganze Reihe von (rituellen) Waschungen kulminiert am Ende in der Blutfontäne, die sich aus der Seitenwunde Jesu über die unter dem Kreuz Stehenden ergießt.

Das Thema des kostbaren Blutes, das für die Menschen vergossen wurde, beschäftigt Gibson dabei bis zur Besessenheit. In einer Szene nach der Geißelung, die Gibsons Vision von der Schlachtbank in Szene setzt, gibt es eine (nach Visionen der westfälischen Mystikerin Anna Katharina Emmerich inspirierte) Szene, in der Maria und Maria Magdalena die Blutlachen mit weißen Tüchern aufwischen: ein meditativer Akt der Trauerverarbeitung. Maria spielt in Gibsons Dramaturgie überdies eine zentrale Rolle. Sie ist das Gegengewicht zu der anderen Begleiterfigur im Passionsgeschehen, dem Satan als eine Art „Anti-Maria“. Jesu Mutter ist Stellvertreterin des Zuschauers und Trägerin der Heilsperspektive, sie ist die einzige, die versteht, warum Jesus leiden und sterben muss. Der Regisseur hat in Interviews immer betont, dass er die Größe des Opfers verdeutlichen wollte. Dabei übersieht Gibson jedoch, dass es nicht darauf ankommen kann, die Größe des Opfers in der Menge vergossenen Blutes und der Zahl der Wunden zu messen, sondern seinen Sinn vor dem Hintergrund der „guten Nachricht“, dem Evangelium vom anbrechenden Gottesreich, zu verstehen. Zwar bemüht sich Gibson, in Rückblenden die jesuanische Auslegung der Schrift zu vermitteln, diese aber sind so fragmentarisch, dass sie von Gläubigen vielleicht eingeordnet werden können, weniger bibelfeste Zuschauer aber ratlos machen: Es besteht ein eklatantes Ungleichgewicht zwischen den breit ausgemalten Gewaltbilden und dem auf wenige Zitate geschrumpften Kernbestand der Botschaft der Liebe.

Einer der heikelsten Punkte des Films betrifft den Vorwurf des Antisemitismus. Gibson stellt in einer völlig unreflektierten Übernahme der biblischen Erzählungen die Beteiligung der Juden am Prozess gegen Jesus heraus. Der Hohe Rat bildet eine Mauer der Ablehnung, Kaiphas wirkt kalt und berechnend. Allerdings muss der Inszenierung zugute gehalten werden, dass sie immer wieder Figuren hervorhebt, die sich von der allgemeinen Hysterie absetzen. Das beginnt mit dem Knecht Malchus, setzt sich fort mit zwei Mitgliedern des Hohen Rates, die das Gerichtsverfahren kritisieren, und führt bis zu den weinenden Frauen sowie Veronika und Simon von Cyrene, dem ein römischer Soldat ein verächtliches „Jude!“ entgegenschleudert, als er der Grausamkeit Einhalt gebieten will. Diese Abstufungen in der Figurenzeichnung geben zu erkennen, dass Gibson keine antisemitische Hetzkampagne beabsichtigt; dennoch tilgt das die mögliche Wirkung der negativen Bilder von Juden letztlich nicht. Gibsons öffentliche Beteuerungen, er sei kein Antisemit, sind problematisch, weil er sich nie von den offen antisemitischen Äußerungen seines Vaters distanzierte und auch die Befürchtungen jüdischer Organisationen nicht ernst genommen hat. Symptomatisch ist die Auseinandersetzung über den historisch so verhängnisvollen Satz „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ (Mt 27,25). Diese Zeile wurde nicht, wie zunächst verlautet, herausgeschnitten, sondern lediglich in der Untertitelung weggelassen. Als eine im Film noch enthaltene Art Geheimcode könnte er aber erst recht für antisemitische Kampagnen instrumentalisiert werden.

Es ist leicht, die künstlerischen Mängel zu kritisieren: die überzogenen Gewaltdarstellungen, die naive Symbolik, das drastische Sound-Design, die effekthascherische Musik, die taumelnde Dramaturgie des Deliriums, die von Gewalt zu Hysterie mit wenig Ruhepunkten dem Höhepunkt des Schreckens entgegenstrebt, schließlich die mangelnde visuelle Originalität der Bilder, für die Gibson Anleihen bei der bildenden Kunst, anderen Jesusfilmen von Pasolini bis Scorsese und bei Genres wie Horror- und Antikenfilm macht. Schwerer fällt es, die Opferthematik für erledigt zu erklären. Gibson stört sich nicht daran, was die aktuelle theologische Forschung dazu sagt; er beharrt darauf, dass der Opfertod Jesu für die Sünden der Menschheit, der in der Eucharistie gefeiert wird, der zentrale Punkt seines Glaubens ist. Er bewegt sich damit sicher nicht auf der Höhe der theologischen Diskussion, aber durchaus im Kontext der „Theologie“ des Kinos, das auf dem Opfer beharrt und in zahllosen Filmen von „Breaking the Waves“ (fd 32 145) bis zu „Der Herr der Ringe“ inszeniert.

Weil „Die Passion Christi“ keine Kompromisse zulässt, zwingt der Film dazu, Stellung zu beziehen und in Abgrenzung von Mel Gibson die Kernfragen des Glaubens neu zu thematisieren. Der Wert seines Films an sich darf mit Fug und Recht bezweifelt werden, aber selbst wenn man ihn als gescheitert betrachtet, wirft er Fragen auf, denen sich Christen stellen müssen.

Erschienen auf filmdienst.deDie Passion ChristiVon: Peter Hasenberg (29.2.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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