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Filmkritik
Während die Kamera den Alltag einer Bank in Buenos Aires beobachtet, sticht die ungemeine Präzision der Arbeit hervor. Scheine werden gezählt, Beträge mit rasender Geschwindigkeit auf einem Rechner addiert und die sich auf mysteriöse Weise ähnelnden Unterschriften zweier Kunden aus Sicherheitsgründen bis ins letzte Detail untersucht. Der schweigsame Morán (Daniel Elías) fügt sich als Angestellter so widerstandslos in diesen Arbeitsrhythmus ein, dass man ihn kaum wahrnimmt. Diese Eigenschaft wird für ihn zur Tugend. Ohne dass es jemand bemerkt, nimmt er mehrere Geldbündel aus dem Tresor und flieht.
Dass Morán kein typischer Bankräuber ist, verrät seine ungewöhnliche Methode. Er stiehlt genau jenen Betrag, der ihm als Lohn bis zur Rente zustehen würde. Statt Reichtum will er lediglich Freiheit. Doch bevor es so weit ist, muss er eine dreijährige Gefängnisstrafe absitzen. So lange soll sein Kollege Román (Esteban Bigliardi) das Geld hüten.
Der Komplize rückt ins Zentrum
Die spannungsgeladene Geschichte, die „Die Missetäter“ von Rodrigo Moreno verspricht, scheint zunächst eingelöst zu werden. Über die konzentrierten Beobachtungen und langsamen Schwenks der Kamera entsteht eine zwar von herkömmlichen Genre-Effekten befreite, aber doch unterschwellig brodelnde Atmosphäre. Nur teilweise wird sie von komischen Einlagen wie einem penetrant quietschenden Bürosessel aufgelockert.
Bald aber verlagert sich die Aufmerksamkeit auf Román, der unter seiner Komplizenschaft leidet. Da die Bank den Vorfall vertuschen will, lässt sie es an den Angestellten aus. Seine Nervosität wird durch eine mit eiserner Hand vorgehende Ermittlerin (Laura Paredes) auf die Spitze getrieben. Ein Split-Screen, der die beiden Protagonisten vereint, legt nahe, dass der Unterschied zwischen dem Bankangestellten und dem Häftling letztlich nicht so groß ist. Dass der Schauspieler Germán De Silva nicht nur den Bankdirektor, sondern auch einen Schutzgelderpresser im Gefängnis spielt, verleiht dieser Parallele noch Nachdruck.
Die idyllische Gegenwelt von Alpa Corral
Bald kommt es in „Die Missetäter“ zu einem rabiaten Bruch, der sich in Details schon angekündigt hatte. Immer wieder nimmt die Inszenierung dabei das Tempo aus der Handlung. Schon bei Moráns morgendlichem Weg zur Arbeit schweift die Kamera mehrmals ab, während sich ein jazziges Tango-Stück von Astor Piazzolla von seinen Melodien emanzipiert. Bevor sich Morán der Polizei stellt, findet er in der unberührten Natur der Gegend um Alpa Corral eine idyllische Gegenwelt, die bald zum eigentlichen Schauplatz wird.
Auch Román verschlägt es später in diese pastorale Landschaft, die wie aus einem Traum wirkt. An einem See lernt er eine Gruppe entspannter Freigeister kennen, deren Namen, wie auch die der beiden Protagonisten, Anagramme sind. Der Heist-Plot wird ab diesem Zeitpunkt mehr oder weniger links liegen gelassen. Die Abkehr des Films von einer herkömmlichen Narration ist dabei durchaus doppeldeutig zu verstehen. Die Fesseln der freudlosen kapitalistischen Arbeitswelt werden mit einer ökonomischen Erzählweise gleichgesetzt, die sich genau dann auflöst, wenn sie die utopische Naturidylle erreicht. Das Leben findet hier ohne Druck und Struktur statt; es ist sinnlich und lyrisch. Gemeinsam vertreibt man sich die Zeit mit Baden, Spielen und Singen oder dreht gemeinsam einen Film.
„Die Missetäter“ versucht so, die persönliche Befreiung der Figuren mit einer filmischen Entfesselung gleichzusetzen. Das Konzept leidet allerdings darunter, dass diese Freiheit filmisch nur bedingt ergiebig ist. Die Momente in der verwunschenen Natur sind schön gefilmt und mit eine bezaubernden Oboen-Symphonie von Piazzolla unterlegt. Doch Moreno ersetzt die stillgelegte Handlung durch nichts anderes, was ähnlich faszinieren könnte.
Während das Publikum bei der konventionelleren Thriller-Handlung noch miteinbezogen wird, bleibt es bei der Selbstverwirklichung der beiden Männer außen vor. Diese wirkt manchmal auch eitel, weil bei dieser Aussteigerfantasie lediglich die Freiheit der Figuren relevant ist, nicht die der Zuschauer. Man spürt höchstens ein leichtes Augenzwinkern, wenn einer der beiden Helden am Ende wie in einem Western in die Abendsonne reitet.