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Filmkritik
Die Buch-Adaption „Die Känguru-Chroniken“ von Dani Levy hat Spaß gemacht. Nicht nur, weil dem Helden der Geschichte namens Marc-Uwe einfach so ein Känguru an die Seite gestellt wurde, ohne zu erklären, woher es kommt und ohne dass dessen körperliche Erscheinung Aufsehen erregt hätte. Ein sprechendes Känguru ist im Berliner Stadtbild scheinbar das Normalste von der Welt! Auch waren die politischen Diskussionen zwischen Mensch und Tier überaus lustig, absurd und hellsichtig. Allerdings torpedierte die Corona-Pandemie den Filmstart im Sommer 2020 erheblich, weshalb sich nur wenig darüber sagen lässt, wie sehr das Publikum die Kinofassung der beliebten Bücher und Hörspiele angenommen hat.
In der Fortsetzung „Die Känguru-Verschwörung“ heißt es eingangs: „Was bisher geschah.“ Dazu bedarf es zweier Versuche, um die Vorgeschichte zu erzählen, da das Känguru im 19. Jahrhundert beginnt und die Geduld seiner Zuhörer damit überstrapaziert. Marc-Uwe (Dimitrij Schaad) ist es hingegen endlich gelungen, seiner Nachbarin Maria (Rosalie Thomass) ein Rendezvous abzuringen – im Blinden-Restaurant. Ein Blind Date im wahrsten Sinne des Wortes, bei dem – schuld ist natürlich das Känguru – einiges schiefgeht.
Einmal falsch abgebogen
Für die klitzekleine Chance auf ein zweites Rendezvous gehen Marc-Uwe und das Beuteltier eine riskante Wette mit Maria ein. Ihre Mutter ist nämlich im Internet falsch abgebogen (auch das muss man wörtlich nehmen) und leugnet nun die Klimakrise. Wenn es dem ungleichen Duo gelänge, sie wieder zur Vernunft zu bringen, ginge das mit dem Date klar. Andernfalls müssen sie mit Maria die Wohnung tauschen.
Prompt machen sich Marc-Uwe und das Känguru auf den Weg von Berlin nach Bielefeld, zur Conspiracy Convention, wo der Verschwörungs-Guru Adam Krieger (Benno Fürmann) seine Anhänger fest im Griff hat. „Seit Jahrhunderten ziehen Kängurus im Geheimen die Fäden,“ behauptet einer von ihnen, und weil der Guru seine Formulierungen stets im Ungefähren hält, wird der Unsinn sofort für bare Münze genommen. Mit einem Mal müssen Marc-Uwe und sein Begleiter um ihr Leben fürchten!
Eine Conspiracy Convention in der ostwestfälischen Provinz ist natürlich ein leichtes Ziel. Die meisten Gags geht hier auf Kosten von Verschwörungstheoretikern, was man aufgrund der ständigen Diskussionen in den Medien über Corona-Leugner und Impfskeptiker überaus belanglos finden kann. „Alu-Hut“-Typen sind mit ihren absurden Theorien an sich schon komisch. Auf sie ironisch draufzuschlagen, bringt kaum neue Einsichten, weshalb es dem Film – im Gegensatz zum Vorgänger – an satirischer Schärfe fehlt. Dass das Navi im Auto Bielefeld nicht findet, ist auch nicht sonderlich originell, schließlich wurde die Existenz der Stadt schon mehrfach spöttisch bestritten.
Schnick-Schnack-Schnuck ohne Regeln
Auch dramaturgisch hängt die Komödie oft durch. Ein sogenanntes Free-Schnick, also ein Schnick-Schnack-Schnuck ohne Regeln, wird hier als Duell zwischen dem Guru und Marc-Uwe über drei Runden allzu lange ausgewalzt. Den Umstand, dass es hier um Leben und Tod geht, unterläuft Regisseur Alexander Berner durch die stoische Versicherung des Kängurus, dass alles gut ausgehen werde: „Ich habe das Drehbuch gelesen!“
Dieser Satz kam auch schon im ersten Teil vor. Solche Selbstreferenzen ziehen sich wie ein roter Faden durch „Die Känguru-Verschwörung“, fast so, als sollte hier im Godard’schen Sinne die Illusion gebrochen werden, einer inszenierten Geschichte zuzuschauen. Als das Känguru auf der Fahrt nach Bielefeld auf einer Draisine einschläft und man als Zuschauer seinen aufwändig inszenierten Albtraum miterlebt, so als sei es plötzlich in einem „Indiana Jones“-Abenteuer gelandet, kommentiert es anschließend: „Das hat bestimmt das halbe Budget des Films verschluckt.“
On the Bänd!
Später gibt es, quasi als einziger Höhepunkt, der die Erwähnung lohnt, eine urkomische Szene bei einer Sicherheitskontrolle: „Der Beutel muss aufs Band!“, verlangt der gestrenge Security-Beamte. „The Beutel must get on the Bänd!“, versucht eine Kollegin zu übersetzen, und so geschieht es dann auch. Am Schluss wird das Studio, in dem gedreht wurde, abgebaut, der Film ist zu Ende. Bleibt nur die Erkenntnis: Der Vorgänger war frecher und origineller.