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Filmplakat von Dresdner Salon-Damen

Dresdner Salon-Damen

132 min | Drama, Krimi, Kriegsfilm | FSK 12
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Der SS-Waffenoffizier und Arzt Kurt Gerstein muss für Nachschub des tödlichen Zyklon B in den Konzentrationslagern sorgen. Doch er verzögert bewusst die Nachlieferungen und bemüht sich, im Ausland über die Vorgänge im Nazi-Deutschland zu informieren. Er stößt auf Ablehnung, Desinteresse und Zurückhaltung. Nur der junge Jesuit Ricardo glaubt ihm, und setzt alles daran, Papst Pius XII. zu bewegen, sich öffentlich gegen Hitler und den Holocaust auszusprechen. Als alle Versuche scheitern, bleibt den Protagonisten nur der Ausweg in den Tod. (ewi)

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Filmkritik

Fast 40 Jahre nach der Uraufführung kommt eine Filmversion von Rolf Hochhuths Drama „Der Stellvertreter“ ins Kino. Constantin Costa-Gavras, der durch seine Politthriller („Z“, fd 16 629; „Der unsichtbare Aufstand“, fd 18 264) weltweit bekannt gewordene griechische Regisseur, hat den extrem wortlastigen Hochhuth-Text erheblich bearbeitet. Hauptfigur des Films ist der SS-Offizier Kurt Gerstein. Der engagierte evangelische Christ macht Karriere beim Hygiene-Institut der Waffen-SS. Als Leiter der Desinfektionsabteilung wird er von dem diabolisch-zynischen „Doktor“ (Ulrich Mühe) in die Pläne zur Vernichtung der europäischen Juden einbezogen. Gerstein wird für die Versorgung der Lager mit dem Gas Zyklon B zuständig. Als er in Polen mit ansehen muss, wie Juden vergast werden, wird ihm klar, dass er die Öffentlichkeit informiert muss. In der Überzeugung, ein Aufstand der Aufrechten könne die Judenvernichtung stoppen, kontaktiert er wichtige Persönlichkeiten der evangelischen Kirche (Superintendent Dr. Dibelius) und Vertreter anderer Staaten (den Sekretär der Schwedischen Botschaft), erhält aber nicht die erhoffte Unterstützung. Dabei wird immer wieder seine SS-Mitgliedschaft problematisiert; Gerstein rechtfertigt sein Verbleiben in der Organisation damit, dass er im Zentrum des Bösen als Augenzeuge Gottes das Unfassbare bezeugen müsse. So sieht er schließlich den einzigen Weg darin, den Papst als die größte moralische Autorität anzusprechen. Der Nuntius in Berlin weist den SS-Mann zurück, der Jesuitenpater Ricardo Fontana aber schenkt Gerstein Gehör und setzt alles daran, über seinen Vater, einen hochrangigen Laien im Dienst des Heiligen Stuhls, Kontakt zu Pius XII. herzustellen. Fontana lässt nichts unversucht, aber der Papst ringt sich nicht zu einem öffentlichen Aufruf durch. Selbst als die Juden vor den Augen des Papstes aus Rom deportiert werden, greift er nur auf diplomatischem Wege ein. Fontana zieht die Konsequenz: Er heftet sich den Judenstern an die Soutane und geht mit den Deportierten ins Lager, wo er den Tod findet. Gerstein stellt sich am Ende des Krieges den Franzosen und verfasst einen Bericht über das, was er gesehen hat. Die Alliierten klagen ihn jedoch als Mittäter an. Eines Morgens wird er erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Der Doktor entkommt mit Hilfe eines Kardinals nach Argentinien. Hochhuths Stück ist als Anklage gegen Pius XII. bekannt geworden, der Film setzt aber durchaus andere Akzente, indem er sich ganz auf Gerstein und Fontana konzentriert. Der Papst ist zwar eine wichtige Nebenfigur, tritt im Film aber nur in wenigen Szenen auf; sein Dialoganteil beträgt kaum mehr als zehn Sätze. Erkennbar ist, welches Interesse Costa-Gavras an dem Stoff hatte. Der Grundkonflikt ist dem klassischen Modell des Politthrillers vergleichbar: Der Einzelne in seinem aussichtslosen Kampf gegen ein System, das verhindert, dass die Wahrheit über ungeahnte Verbrechen ans Licht kommt. Deutlicher als Hochhuth stellt Costa-Gavras heraus, dass Gersteins Initiative auf eine regelrechte Front der Ablehnung stößt, bei Freunden, bei Verantwortlichen in der Kirche, bei den Alliierten. Der Film ist ein moralischer Aufschrei, eine Anklage gegen Untätigkeit, die sich letztlich nicht nur gegen den Papst richtet. Alle ahnen oder wissen von der Vernichtung der Juden, greifen aber aus verschiedenen Motiven nicht ein. Der mit vielen guten Darsteller besetzte Film ist handwerklich solide umgesetzt, bleibt aber recht konventionell und bietet nur wenige überzeugende inszenatorische Einfälle. Es gibt die üblichen Nazi-Aufmärsche mit Musik, klischeehafte Darstellungen der Nazi-Offiziere, der Doktor ist ein Teufel in SS-Uniform, edel und ungebrochen erstrahlen die Idealisten – Gerstein und Fontana. Während mehr geredet als gehandelt wird, läuft für die dem Tode geweihten Juden die Zeit davon, was Costa-Gavras wirkungsvoll durch das leitmotivisch wiederkehrende Bild der in die Lager rollenden Transportzüge verdeutlicht. Das Gesamtergebnis ist ein Lehrstück, das mehr auf den moralischen Appell als auf historische Genauigkeit setzt. Costa-Gavras legt es darauf an, die Entrüstung des Zuschauers über die Untätigkeit der Kirche und der Politik zu mobilisieren. Das erreicht er, indem er – wie Hochhuth – die komplexe Wirklichkeit erheblich vereinfacht. Der historische Gerstein hatte nur kurz Kontakt mit der Nuntiatur, kam aber nie in die Nähe des Papstes; den eifrigen Unterstützer seines Anliegens, Fontana, musste schon Hochhuth erfinden. Sein Drama wurde in den 60er-Jahren weltweit bekannt, sodass es spannender gewesen wäre, neuen Dimensionen herauszuarbeiten. Die schillernde Figur Gersteins wird im Film nur in Umrissen deutlich. In wenigen Momenten verdeutlicht sich im verstörten Blick Ulrich Tukurs zwar das Entsetzen angesichts der Greuel, doch die innere Zerissenheit, die sich aus der Doppelnatur, Mittäter und gleichzeitig Widerstandskämpfer zu sein, ergibt, wird kaum thematisiert. Auch bleibt die christliche Motivation vage. Zwar sieht man Gerstein immer wieder in Kontakt mit Pfarrern und Kirchenmitgliedern, von seinem Glauben erfährt man aber so gut wie nichts. Ebenso gerät die Figur des Papstes ziemlich eindimensional. Costa-Gavras schildert ihn als einen weltentrückten Asketen, der im Vatikan wie unter einer Glasglocke sitzt und nur zu gestelzt formulierten Mitleidsbekundungen im majestätischen Plural fähig ist. Der politisch agile Kirchenmann ist – historisch nicht korrekt – der Kardinalstaatssekretär. Nichts ist im Film davon zu erahnen, dass Pius XII. selbst ein außerordentlich politisch versierter Mann war, der als Nuntius in Berlin gewirkt hatte und somit die deutschen Verhältnisse bestens kannte. Letztlich vereinfacht der Film auch den Konflikt, weil er suggeriert, dass es für den Papst ein Leichtes gewesen wäre, mit einem öffentlichen Aufruf die Judenvernichtung zu stoppen. Die Zurückhaltung des Papstes wirkt völlig unbegründet, da jeder Hinweis auf andere Erfahrungen der Kirche fehlt: Immerhin gab es beispielsweise in den Niederlanden 1942 einen öffentlichen Protest der katholischen Bischöfe, was aber nur zu verschärften Massnahmen führte, sodass die Juden – auch die Konvertierten, darunter Edith Stein – unverzüglich deportiert wurden. Die Wirklichkeit war komplexer, als es Hochhuths Lehrstück und der Film anerkennen wollen.

Erschienen auf filmdienst.deDresdner Salon-DamenVon: Peter Hasenberg (5.11.2023)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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