- RegieKurt Langbein
- ProduktionsländerÖsterreich
- Dauer96 Minuten
- GenreDokumentarfilm
- Cast
- AltersfreigabeFSK 12
Vorstellungen
Filmkritik
Ohne einen tragischen Zwischenfall hätten sich die Lebenswege des steirischen Bergbauern Christian Bachler und des Journalisten Florian Klenk vermutlich nie gekreuzt. In einem öffentlich zugänglichen Gelände hatte die Kuh eines anderen Landwirts eine Spaziergängerin und ihren Hund so sehr attackiert, dass die beiden dabei zu Tode kamen. Ein Gericht verurteilte den Halter der Kuh wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht später zu einer Entschädigungszahlung. Das hatte Florian Klenk, der Chefredakteur der Wochenzeitung „Falter“, in einem Kommentar als völlig angemessen befunden.
Christan Bachler war da ganz anderer Meinung. Der Bauer verfasste eine spontane Wutrede, in der er gegen die ignoranten Akademiker in Wien wetterte, gegen all die „Bobos“, die von den Mühen eines Almbauern keinen blassen Schimmer hätten. Am Schluss seiner auf Facebook verbreiteten Tirade forderte er Klenk auf, ihn für eine Woche auf der Alm zu besuchen. Zum Erstaunen des Landwirts nahm der studierte Jurist die Einladung an.
Eine ungewöhnliche Freundschaft
Der Dokumentarfilm „Der Bauer und der Bobo“ schildert über einen längeren Zeitraum die Zusammentreffen der beiden unterschiedlichen Männer und das allmähliche Entstehen einer Freundschaft. Wobei auf dem Hof eigentlich nur Christian Bachler das Sagen hat. Klenk, der freimütig zugibt, sich mit der landwirtschaftlichen Materie nie beschäftigt zu haben, sitzt oder geht meist nur daneben und hört zu.
Die Schilderungen des Bauern sind so informativ wie unterhaltsam. Denn Bachler, der gern T-Shirts mit lustigen Aufdrucken wie „Ackerdemiker mit Niveau“ trägt, ist durchaus kein Hinterwäldler, sondern in den sozialen Netzwerken aktiv und obendrein ein eloquenter Erzähler. So wettert er bildreich gegen die Subventionspolitik der EU, die nach wie vor auf Masse statt Qualität setzte, rühmt die Qualitäten des Almschweins und die Vorzüge von Yaks im Gebirge.
Zwischendurch erfährt man auch einiges über das Leben des Bauern. Mit 20 Jahren musste er nach dem Tod des Vaters den Hof übernehmen, den er zum Bio-Betrieb umbaute und den er heute mit seiner Mutter bewirtschaftet. Vieles, wie etwa das Schlachten, habe er sich selbst mit Hilfe von Youtube-Tutorials beibringen müssen, räumt Bachler schmunzelnd ein.
Auch wenn der Bauer mahnt, dass man sich von der Idylle nicht täuschen lassen solle, weidet sich die Kamera ausgiebig an der pittoresken Landschaft und den frei umherlaufenden Tieren auf dem Hof. Wobei sich Regisseur Kurt Langbein und Kameramann Christian Roth vor allem an entspannt im Matsch suhlenden Ferkeln kaum sattsehen können.
Der Journalist rettet den Hof
Auch wenn Bachler viel von der Mühsal seines Daseins erzählt, erfährt der Journalist erst in Wien, dass dem Hof die Zwangsversteigerung droht. Woraufhin Klenk, der seinen neuen Freund journalistisch schon ausgiebig porträtiert hat, im Netz eine Spendenaktion ins Leben ruft, bei der in nur zwei Tagen unglaubliche 400 000 Euro zusammenkommen. Damit ist der Betrieb auf einen Schlag saniert.
Wie der Bergbauer diesen beträchtlichen Schuldenberg angehäuft hat, erfährt man allerdings nicht. Ebenso wenig beschäftigt sich der Film mit der gängigen Agrarpolitik oder der Frage, ob und wie sich eine Landwirtschaft nach Bachlers Vorstellungen als Norm durchsetzen ließe.
Auch wenn gelegentlich andere Personen zu Wort kommen, ist der Film letztlich ein Zwei-Personen-Stück über eine erstaunliche Männerfreundschaft. Wobei sich das Geschehen nicht nur auf dem Hof abspielt, da zwischendurch Klenk auch bei der Arbeit in seiner Wiener Redaktion ins Bild kommt.
„Der Bauer und der Bobo“ bleibt nicht ohne Redundanzen. Dennoch bietet die Dokumentation neben all ihren Informationen über die Nöte der Bergbauern vor allem einigen Unterhaltungswert. Was auch mit den modernen Volksmusik-Klängen der Gruppe Alma, aber vor allem mit dem kauzig-pfiffigen Christian Bachler zu tun hat.