- RegieTim Miller
- ProduktionsländerKanada
- Produktionsjahr2016
- Dauer108 Minuten
- GenreAbenteuerScience FictionAction
- Cast
- AltersfreigabeFSK 16
- IMDb Rating8/10 (623615) Stimmen
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Wie ärgerlich! Gerade in dem Moment, als der Söldner Wade Wilson mit Vanessa Carlyle endlich so etwas wie die große Liebe gefunden zu haben glaubt, erfährt er, dass er an Krebs erkrankt ist. Da bereits alle wichtigen Organe von Metastasen befallen sind, gibt es keine Chance auf Heilung. Dabei war der Berufszyniker doch gerade dabei, etwas ausgeglichener zu werden und die Vergangenheit abzuschütteln. All diese Jobs mit ihren Brutalitäten und Leichen, die sich nur in seiner Lieblingskneipe bei seinem besten Kumpel Weasel mit purem Alkohol und einer Nutte, so eine wie Vanessa, vergessen lassen. Allerdings wäre diese Geschichte allzu schnell erzählt, wenn es da nicht diesen schmierigen Herrn einer nicht minder windigen Organisation namens „Weapon X“ geben würde, der es auf so gefallene Helden wie Wade Wilson abgesehen hat. Er unterbreitet ein Angebot, das Wade nur schwer ausschlagen kann: Leben! Sein Arbeitgeber hat Dinge entwickelt, die aus verletzlichen Menschen gesunde, schwer zu vernichtende Individuen machen. Was der Mann zunächst verschweigt, sind die Nebenwirkungen, die beim „Heilen“ entstehen, und die wirklichen Beweggründe, weshalb er in den Todgeweihten investiert. Doch Wade will nicht als Kampf-Marionette einer dubiosen Regierungsorganisation enden; wozu hat er sich denn gerade verliebt? Die Heilung und die Schmerzen muss er zwar hinnehmen, nicht aber jene neuen falschen Freunde, die ihm all das antun. Und so eskaliert die Lage mit seinem sadistischen Behandlungsleiter Francis und dessen nicht minder fiesen Kollegin Angel. Am Ende liegt das Labor in Schutt und Asche; Wade ist höchst lebendig, aber arg verunstaltet und sinnt auf Rache. Wegen der Schmerzen, wegen der Lügen und wegen Vanessa, zu der er nun, so hässlich wie er geworden ist, nie mehr zurückkehren kann. Das ist die Vorgeschichte von Wade Wilson und wie er zu Deadpool wurde, einer sich immer wieder regenerierenden Kampfmaschine, die sich in einem roten Ganzkörperkostüm versteckt. Der Film schildert dies zwischendrin in Rückblenden, da ein Action-Prolog immer besser ankommt als zu viel linear erzähltes Drama. Das Entrée, inklusive eines brillanten, den lakonischen Ton des Films setzenden Vorspanns, ist ebenso furios wie gewalttätig. Die zynische Ader von Wade aka Deadpool ist während seiner „Behandlung“ ebenso gediehen wie seine Unverwundbarkeit, und so macht er sich einen Jux daraus, seine Feinde auf besonders genüssliche Weise ins Jenseits zu befördern. Dies tut er unter Zuhilfenahme von Selbstgesprächen, Off-Kommentaren und gelegentlich auch ganz direkt Richtung Zuschauer. Der Antiheld gibt sich also zwischendrin selbstreflexiv und leinwandsprengend. Das sollte man als filmisches Konzept aber nicht überbewerten, ist es doch genauso „l’art pour l’art“ wie alles andere. Denn es geht hier schlicht um Rache. Es gilt, den Erzfeind Francis zu finden, der Ajax heißt und zusammen mit Angel Dust zu den besten Super-Mutanten im Stall von „Weapon X“ zählt. Angel ist eine Art Tochter von Hulk, und Ajax ist nicht nur ein tödlicher Kämpfer, sondern überdies schmerzunempfindlich. Die Fronten sind also klar. Damit noch ein wenig Spannung in die Sache kommt, wird Vanessa entführt und gequält, um Deadpool aus der Reserve zu locken. Doch auch der hat noch ein paar Asse im Ärmel, den Computer- und Waffenexperte Weasel sowie mit Colossus und Negasonic Teenage Warhead zwei effektive X-Men-Mutanten. Das Drehbuch von Paul Wernick und Rhett Reese zum Marvel-Ableger besitzt also reichlich Vorwand für Prügeleien, Schwertkämpfe, Schießereien und Blutfontänen. Der Protagonist ist ein wenig das schwarze Schaf des Comic-Universums. In den Graphic-Novel-Vorlagen ist er ein Psychopath und Superbösewicht reinsten Wassers, der ultrabrutal die noch böseren und psychopathischeren Finsterlinge aufmischt, Kollateralschäden ohne Ende produziert und als irgendwie guter/fieser Kumpel mit den X-Men anbandelt. Das, was ihn „sympathisch“ macht, ist sein Sinn für Humor. Mit der passenden Pointe auf den Lippen, fliegen die Köpfe doch gleich unbeschwerter von den Körpern. Das ist zynisch und gewaltverherrlichend, aber Programm. Der Film erfüllt damit also nur die Vorgaben des Comics, schwächt sie sogar ein wenig ab, wenn eine „romantische“ Liebesgeschichte implantiert und der von Ryan Reynolds verkörperte Deadpool ein wenig weniger wahnsinnig als in den Comics gestaltet wird. Die zündende Kombination aus Witz und Gewalt sorgte vielleicht auch für die „gnädige“ FSK-Freigabe „ab 16“. Im Gegensatz zu „G.I. Joe“ (fd 39 430) oder „Kick-Ass“ (fd 39 830) ist „Deadpool“ allerdings originärer „Spaß“ für Erwachsene – und das sollte auch so bleiben. Regisseur Tim Miller hat dies fest im Blick, weshalb man seine Inszenierung im Gruselkabinett der harten Comic-Action durchaus als gelungen bezeichnen kann. Auch wenn am Ende vielleicht sogar der Kuss zweier Liebender wartet, sollte man sich bei „Deadpool“ von aller „political correctness“ verabschieden. Der Schlag in die Magengrube sitzt, und wird mit dem angekündigten, noch mehr Sex und Gewalt transportierenden Director’s Cut sicherlich nicht versöhnlicher.