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Filmkritik
Fragte man sie, würde Gina sich vermutlich als glücklich bezeichnen. Eigentlich. Nun gut, in ihrer Ehe hat nach mehreren Jahrzehnten Routine Einzug gehalten. Aber ihr Mann Adrian, ein erfolgreicher Anwalt, zeigt sich nach wie vor fürsorglich, das gemeinsame Eigenheim lässt keine Wünsche offen und ihr eigener Job bei einem Insolvenzverwalter ist zwar nicht unbedingt ihr Traumberuf, regelt aber ihren Alltag. Bevor sie ins Büro geht, schwimmt die Australierin mit ihren Freundinnen regelmäßig im Meer. Auch das: Routine. Doch an ihrem 50. Geburtstag steht plötzlich ein knackiger junger Mann namens Tom vor Ginas Haustür und bietet seine Dienste an. Sie könne während der nächsten zwei Stunden alles von ihm verlangen, so sein Angebot. Wirklich alles. Die verdutzte Adressatin der unzweideutigen Offerte bittet ihn daraufhin, ihre Wohnung zu putzen. Womit der Beau nun wirklich nicht gerechnet hat und was er auch definitiv nicht kann. Aber Job ist Job. Immerhin, so lässt Gina ihn wissen, könnte er die Putzerei ruhig mit nacktem Oberkörper vollführen.
Am Tag darauf reagieren ihre Freundinnen, die ihr den Loverboy zum Geburtstag geschenkt haben, enttäuscht, als sie erfahren, dass außer der Putzerei nichts gelaufen ist. Aus heiterem Himmel verliert Gina kurz darauf ihre Arbeit, soll aber am letzten Tag noch bei einer insolventen Spedition irgendwelche Papiere abholen. Dort trifft sie überraschend auf Tom, der hauptberuflich Möbelpacker ist und den Strip-Job nur nebenbei macht. Künftig wird er sich wie seine beiden Kollegen und sein Chef Steve wohl mit der Arbeitslosigkeit anfreunden müssen.
Eine Marktlücke entdeckt
Doch Gina hat spontan die Idee, aus der Spedition eine Agentur für mehr oder minder erotische Putzdienste zu machen. Die ersten Reaktionen ihrer Freundinnen bestärken sie in ihrer Vermutung, dass sie eine Marktlücke entdeckt haben könnte. Und die Geschäfte laufen, anfangs nur durch Mundpropaganda, bestens an. Die meisten Kundinnen wollen Sex, manche aber auch in Verbindung mit Dienstleistungen im Haushalt. Beides müssen die Damen den gemieteten Jungs allerdings erst behutsam beibringen. Sie sind schließlich auf beiden Gebieten eher Amateure.
Mit ihrem Debütfilm „Das reinste Vergnügen“ versucht sich die australische Regisseurin Renée Webster an einem Thema, das im Kino seit geraumer Zeit Konjunktur hat. Hier kommt der Kampf um die sexuelle Selbstbestimmung der Frau allerdings nicht als bewegendes Drama, sondern als leichte Komödie daher. Die offenbar unbefriedigenden Lebensumstände der einzelnen Kundinnen bleiben zumeist außen vor, so wie man auch über die Liebesdiener eher wenig erfährt. Lediglich Tom gestattet der Film ein eher unglückliches Privatleben. Seine Ex-Freundin ist von ihm schwanger, hat ihn jedoch sitzen lassen und lebt jetzt mit einem anderen Mann zusammen. Und irgendwann fragt auch mal eine Interessentin bei Gina an, ob sie auch was für Lesben im Angebot habe. Hat sie eigentlich nicht, aber geschäftstüchtig wie sie ist, findet sie auch dafür eine Lösung.
Eine Anklage ist schnell vom Tisch
Über weite Strecken reiht der Film die Einsätze der Loverboys aneinander, die nicht selten von Unzulänglichkeiten und Missverständnissen geprägt sind. Diese Sequenzen überzeugen durch den ein oder anderen gelungenen Gag, sind aber auch nicht frei von Redundanzen. Und bisweilen hapert es auch an der Dramaturgie. Eine Anklage wegen Förderung der Prostitution ist beispielsweise seltsam schnell vom Tisch.
Das eigentliche Highlight des Films ist die Figur der Gina (herausragend gespielt von Sally Phillips), die im Laufe des Geschehens eine feinfühlig inszenierte Entwicklung durchmacht. Ist sie am Anfang die gutsituierte Allerweltsfrau, die sich mit den Unzulänglichkeiten ihres Alltags abgefunden hat, entwickelt sie in ihrem neuen Job nach und nach ein neues Selbstbewusstsein und will schließlich auch ihre sexuellen Wünsche nicht mehr zurückhalten. In den Szenen mit dem ehemaligen Speditionsleiter Steve, der sich als Loverboy zu alt fühlt, obendrein verheiratet ist und sich in der Agentur um die Büroarbeit kümmert, ist so etwas wie knisternde Erotik spürbar. Ansonsten ist der Film mit dem bemüht witzigen deutschen Titel gewiss kein Meilenstein des feministischen Kinos, sondern eine nette Komödie mit viel Sonnenschein und überwiegend attraktiven Menschen.