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Filmkritik
Es ist ein rauer, diesiger Tag, als Nena ihre Familie zu sich in ihr Apartment am Meer einlädt. Schon auf der Fahrt biegen sich die Palmen im peitschenden Wind. Kaum ruhiger, wenn auch nach außen beherrscht, sind die Gemüter der Familienmitglieder, die sich in zwei Autos auf den Weg machen. Nenas Sohn Vito kommt mit seiner zerbrechlichen Frau Adelina, der gemeinsamen Tochter Alma und dem Pfau Coco auf der Rückbank. Seine Schwester Caterina lässt sich von ihrem Mann Manfredi und seiner neuen Partnerin zur Geburtstagsfeier der Mutter kutschieren.
Neben Nena und ihrem Mann Umberto sind noch die langjährige Haushälterin Lucia und ihre stumme Tochter Grazia anwesend. Etwas verspätet trudelt noch die verheult aussehende Tochter der Tochter einer Cousine ein. Erst jetzt ist das neurotische Personal komplett.
Wann und wie es öffentlich wird
Nachdem Laura Bispuri in ihren Filmen „Sworn Virgin“ und „Meine Tochter - Figlia mia“ die Bewegungen und Aufbrüche der Figuren weitgehend im Außenraum erkundete, reduziert sich das dramatische Geschehen nun ganz auf den begrenzten Raum der Wohnung. Die Gäste bringen Wein, Parfum und einen selbst gestrickten Pullover mit, doch ihre eigentlichen Mitbringsel sind Unsicherheiten, Ängste, Anspannungen und Geheimnisse. Bispuri hat die Personen mit schwerem Gepäck ausgestattet. Vito und Adelina, die psychisch labil ist und etwas verstrahlt von Gott spricht, sind pleite. Um die bevorstehende Hochzeit bezahlen zu können, müssen sie bei der Familie um ein Darlehen bitten. Caterina hat sich von Manfredi getrennt, was sie zu verbergen versucht; er wiederum hält geheim, dass er bald Vater wird. Von Nanas über vierzig Jahre geführtem Doppelleben erfährt man schon in einer frühen Szene, was die Erzählung auf die Frage lenkt, wann und wie es die Gesellschaft denn nun erfahren wird.
Die geradezu verrückte Ansammlung von Konfliktlinien wäre eigentlich Stoff für eine Komödie. Dabei ist „Das Pfauenparadies“ alles andere als das. Mit gravitätischem Ernst wird hier ein Familiendrama mit elf Personen und einem Pfau entworfen. Aus den Gesten und Blicken der Versammelten sprechen Erschöpfung und tiefer Schmerz; die ebenso verblichenen wie bräunlich gefärbten Bildern sind immer wieder mit schwermütigen Streicherklängen unterlegt.
Alle Wahrheiten kommen ans Licht
Laura Bispuri hatte schon immer ein gutes Gespür für die Gestaltung von Atmosphären, allerdings auch einen Hang zu dick aufgetragener Symbolik. In „Das Pfauenparadies“ wird das domestizierte Tier zum Inbegriff unterdrückter Gefühle. Als Coco auf den Balkon verbannt wird, setzt er zum Fliegen an – und stürzt dramatisch zu Boden. Während Alma dem Ableben des Pfaus auf dem Wohnzimmerteppich beiwohnt, kommen langsam alle Wahrheiten auf den Tisch.
Das Drehbuch, das Bispuri zusammen mit Silvana Tamma geschrieben hat, lässt den Figuren wenig Raum, um einfach zu sein; stets sind sie Träger von Problemen, Überbringer von Botschaften. Dass man ihnen zuweilen trotzdem gerne zusieht, liegt vor allem an ihren Gesichtern, die alle auf die eine oder andere Weise sehr schön sind.