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Filmkritik
Die ersten Bilder von „Das erste Omen“ wirken in ihrer analogen Haptik wie aus der Zeit gefallen. Sie verweisen auf die Atmosphäre und die beunruhigende Ruhe, mit der Regisseur Richard Donner und sein Kameramann Gilbert Taylor in dem Horrorfilmklassiker „Das Omen“ (1976) vorgegangen sind. Mit auffällig gesetzten Zooms und einem stimmigen Setdesign fühlt man sich in die 1970er-Jahre zurückversetzt.
Die Handlung setzt fünf Jahre vor „Das Omen“ ein. Der Priester Brennan (Ralph Ineson) fragt im Beichtstuhl einen älteren Kollegen über den Verbleib eines Kindes mit dem Namen Skianna aus. Alles, was Brennan von ihm besitzt, ist ein Foto, auf dem ein Neugeborenes in den Armen einer Krankenschwester zu sehen ist. Der alte Priester schüttet sein Herz aus. Er könne nicht mehr schweigen und die schrecklichen Dinge weiter in seinem Herzen bewahren. Innerhalb der katholischen Kirche gebe es Bestrebungen, ein Kind des Teufels auf die Welt zu bringen. Weiter kommt der Alte jedoch nicht. Denn an einem Gerüst löst sich ein Metallrohr und nähert sich in Superzeitlupe dem Schädel des Geistlichen. Mit dieser Hommage an „Das Omen“ kommt es zum ersten tödlichen Unfall, und man begreift, welcher Film das Vorbild für die „Final Destination“-Reihe mit ihren ausgeklügelten Todesarten abgegeben hat.
Unheimliche Ereignisse häufen sich
Dann erfolgt ein Zeitsprung. Die junge US-Amerikanerin Margaret (Nell Tiger Free) kommt in Rom an, wo sie ihre Gelübde ablegen soll. Wie schon im „Suspiria“-Remake von Luca Guadagnino geben auch hier die Studentenunruhen den politischen Hintergrund ab und verweisen auf den Umbruch in den Geschlechterverhältnissen. Auch die Kirche, das macht die Oberin Silvia (Sonia Braga) noch auf der Autofahrt zum Waisenhaus klar, verliert an Bedeutung und muss mit ihren Werten dagegenhalten. Es dauert nicht lange, bis Margaret hinter den dicken Mauern der Institution einer dunklen Machenschaft auf die Spur kommt. Pater Brennan spielt als detektivischer Stichwortgeber dabei eine wichtige Rolle. Oder hat der exkommunizierte Priester einfach nur den Verstand verloren? Im näheren Umfeld eines verhaltensauffälligen Mädchens häufen sich unheimliche Ereignisse und erschreckende Todesfälle. Kann es sein, dass die mysteriöse Carlita (Nicole Sorace) ein Kind des Teufels ist? Wieso verhalten sich die Nonnen derart seltsam? Und welche Rolle spielt Margaret in diesem Spiel um Macht und Glaube?
„Das erste Omen“ ist eine äußerst erfreuliche Überraschung. Nach dem handzahmen Sequel „Der Exorzist – Bekenntnis“ (2023) von David Gordon Green, einem uninspirierten Aufguss von „Der Exorzist“ (1973), wollte man eigentlich nicht mehr viel erwarten. Warum sollte ausgerechnet eine Vorgeschichte zu jenem Film funktionieren, dem schon vor Kinostart der Vorwurf gemacht wurde, sich viel zu sehr an dem drei Jahre älteren Meisterwerk von William Friedkin zu bedienen? Doch Arkasha Stevenson inszeniert in ihrem Langfilmdebüt einen wahrlich beeindruckenden Horrorfilm, der weit über die traditionelle Kunst von Prequel-Erzählungen hinausgreift und eine körperliche Dringlichkeit entfaltet, die man diesem alten Stoff gar nicht zugetraut hätte. Während „Das Omen“ hauptsächlich an der unheimlichen Ausstrahlung des Teufelskindes Damien und einer doch eher männlichen Perspektive interessiert war, wendet sich Stevenson eher weiblichen Themen zu und versteht es gekonnt, die misogynen Strukturen der Kirche mit dem körperlichen Schmerz einer erzwungenen Zeugung und Geburt in Schreckensbildern zu verbinden.
Macht über den weiblichen Körper
Das übernatürliche Unheil, das sich in mitunter grausigen Unfällen Bahn bricht, ist nur ein Aspekt. Durch den Bezug auf die gesellschaftlichen Spannungen angesichts der studentischen Unruhen weitet sich der Blick des Films auf das Thema von Körperpolitiken. Wie sehr verfügen Männer und männlich beherrschte Institutionen über den weiblichen Körper, die Lust und die Fortpflanzung? Ein wesentlicher Aspekt patriarchaler Ordnung besteht darin, Frauen auf ihre Rolle als Gebärende und Mutter zu reduzieren. Die Bilder, die Stevenson in „Das erste Omen“ dafür findet, sind folgerichtig expliziter Body Horror. Während einer eindringlichen Geburtsszene kommt in einer weit geöffneten Vagina eine Teufelsklaue zum Vorschein, während die Leinwand von Schmerzensschreien vibriert. Der Körper wird zum gebärenden Fleisch, zu einer sich aufbäumenden Wunde. Für diese Darstellung musste die Regisseurin mit der US-amerikanischen „Motion Picture Association“ (MPA) wegen der Altersfreigabe um jedes einzelne Bild kämpfen. Die Bilder der weiblichen Geschlechtsorgane sind auch heute noch ein Tabu.
Dass es dem Film gelingt, diesem gewaltvollen Zugriff bis tief in das Körperinnerste hinein einen Ausdruck zu verleihen und zugleich als Vorgeschichte zu „Das Omen“ zu funktionieren, ist ein echtes Kunststück. Lediglich am Ende merkt man, welche dramaturgischen Verrenkungen nötig waren, um den seinen eigenen Regeln folgenden Film in Richtung Damien zu schieben. Zwei Mal muss die Erzählung dazu neu ansetzen, so als würde die Geschichte nicht zu einem Abschluss finden können. Etwas mehr Mut zu einem offenen Ende hätte dem Film sicherlich gutgetan. Ohnehin sollte man direkte Vergleiche mit dem Film von Richard Donner eher vermeiden. Denn „Das erste Omen“ ist ein eigenständiger Beitrag zum Genre: ein ebenso mutiger und ästhetisch beeindruckender wie furios-drastischer Horrorfilm.