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Filmkritik
Wes Anderson bleibt sich treu und präsentiert wieder einmal das, was er scheinbar am besten inszenieren kann: skurrile, oft gar verschrobene Charaktere an ebenso skurrilen Plätzen. Der Regisseur, der mit seinem viel gelobten zweiten Spielfilm „Rushmore“ (fd 34 741) von sich Reden machte und mit den folgenden Filmen „The Royal Tenenbaums“ (fd 35 300) und „Die Tiefseetaucher“ (fd 36 967) seine eigene Nische ausgebaut und gefestigt hat, arbeitet zudem gern und häufig mit derselben Crew vor und hinter der Kamera zusammen. Bei seiner mittlerweile fünften Komödie werden die Verschleißerscheinungen, die sich in „Die Tiefseetaucher“ schon angedeutet haben, noch offensichtlicher. Der bewegliche Hauptschauplatz des Films ist der fiktive Langstreckenzug „The Darjeeling Limited“. Drei Brüder, die seit über einem Jahr kein Wort mehr gewechselt haben, begeben sich in diesem Zug auf die Fahrt zu ihrer in Indien lebenden Mutter. Die Reise soll nicht nur der Antrieb sein, familiär wieder zueinander-, sondern auch grundsätzlich zu sich selbst zu finden. Zu den Darstellern der drei Brüder gesellt sich neben den altbekannten Anderson-Akteuren Jason Schwartzman und Owen Wilson ein neuer Name: Adrien Brody – der den beiden mittelmäßigen Schauspielern auch prompt die Show stiehlt. Wandlungsfähig und schauspielerisch auf der Höhe, verweist er Schwartzman und Wilson mit ihren eher eindimensionalen Mimiken schnell in die Schranken. Gegen die insgesamt hölzerne Charakterzeichnung vor der wechselhaft farbenprächtigen Kulisse und gegen die Künstlichkeit der Figuren anzuspielen, gelingt aber auch ihm nicht ganz. Die Grundkonstellation ist in ihrer Anlage schon blass, weil das Drehbuch von Roman Coppola und Jason Schwartzman auf wirklich konfrontative Szenen zwischen den letztlich auch gar nicht so unterschiedlichen Brüdern weitgehend verzichtet – und wer soll sich für Figuren interessieren, die sich kaum entwickeln? Wenig Abwechslung gibt es auch auf der humorigen Seite des Films: Anderson inszeniert die drei zwischen ernst und albern chargierenden Charaktere mit marottenhaften Handlungen und ebensolcher Gestik und Mimik, wobei er sie mit der in seinen Filmen oft vorkommenden stereotypen „Ich kann nicht anders, ich bin nun mal so“-Art umgibt. Da gibt es albernes Gezänk, so manches geht zu Bruch, jemand ist beleidigt und dann fängt man sich wieder – und als Zuträger für die drei Brüder gibt es einige ganz schwach ausgeleuchtete Nebenfiguren. Zu mehr als Stichwort- und Anlassgebern werden der ominöse Organisator der Reise und der mürrische indische Zugbegleiter jedoch nicht – auch die Affäre des einen Bruders mit der hübschen Zugbegleiterin trägt nicht zur Ausdifferenzierung der Nebenfiguren bei. Schade, denn hier hätte etwas mehr Tiefe den Plot durchaus bereichert. Die sich breitmachende Langeweile wird durch die erschlagende, unwirklich inszenierte Landschaft noch verstärkt: Ein buntes und klischeebeladenes Indien, das in dieser Form eher tot als lebendig wirkt. Zunächst ist die durchaus liebevolle Ausstattung zwar interessant und nett anzusehen, auf Dauer ist die Farb- und Ausstattungsdramaturgie allerdings ermüdend. Ganz stark ist hingegen eine gegen Ende des Films vorkommende Kamerafahrt: Ohne sichtbaren Schnitt fährt die Kamera von links nach rechts an den Zugabteilen vorbei und zeigt alle relevanten Charaktere bei einer für sie typischen Tätigkeit. Diese kurzen Momentaufnahmen haben mehr Tiefe als der gesamte restliche Film. Vielleicht würde es dem durchaus talentierten Wes Anderson gut tun, sich endlich einmal in einem anderen Genre zu versuchen. Er könnte uns mit seiner eigenwilligen Sichtweise bestimmt noch so einiges erzählen.