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Filmkritik
Vom 11. September 1985 an traf der US-Drogenfahnder Andrew C. Thornton II eine Reihe fataler Entscheidungen, gepaart mit mehreren Missgeschicken, die dazu führten, dass sich seine Überreste sowie rund 34 Kilogramm reinstes Kokain nach einem Flugzeugabsturz in den Wäldern zwischen Tennessee und Georgia verteilten. Am 23. Dezember 1985 fanden US-Ranger ein totes Amerikanisches Schwarzbär-Weibchen, das vermutlich an einer Überdosis Kokain verendet war. Soweit die historischen Begebenheiten.
Der Film nach dieser Geschichte verkürzt diese Ereignisse auf einen denkwürdig komischen Prolog in einer Cessna 404 bei mäßigem Wetter und einem rutschigem Kabinenboden – und schwupps, purzelt die „weiße Ware“ ihrer neuen Bestimmung entgegen. Von da an ist in „Cocaine Bear“ alles frei erfunden.
Auf der Suche nach dem Wilden
Wer kennt schon die Pfade, die ein Bär auf Drogen bis zu seinem Tod beschreitet? Die Wälder des Chattahoochee–Oconee-Nationalparks sind weitläufig. Hier verschwindet schon mal ein Dutzend Menschen spurlos. Einen möglichen Tathergang bietet das Drehbuch von Jimmy Warden durchaus an. „Cocaine Bear“ beginnt mit Elsa and Olaf, die in ihrer schwedischen Heimat zwar zur Genüge Natur hätten, aber eben ohne diesen Touch des „Wilden Westens“ – Schwarzbären inklusive. Wer könnte auch ahnen, dass ein Schwarzbär nicht durch Hormone auf Paarung, sondern durch Drogen auf Gemetzel aus ist?
Wenn dann das erste blutige Bein durch die Gegend fliegt, weiß man, dass es in „Cocaine Bear“ nicht nur um Pointen geht, sondern auch um „Blood & Gore“. Das sympathische Pärchen ist auch nur der Auftakt und signalisiert, dass es der Regisseurin Elizabeth Banks auch ein wenig ernst ist. Das sind gute Voraussetzungen für eine Tiersplatterkomödie, der noch andere Extremitäten zum Opfer fallen. Die in der Nummernrevue folgenden Akteure verteilen sich allein schon aus Gründen der dramaturgischen Ökonomie auf sechs unterschiedliche Gruppen. Sari (Keri Russell) hätte als alleinerziehende Krankenschwester eigentlich andere Dinge zu tun, als ihre Teenagetochter Dee Dee (Brooklynn Prince) samt Schulfreund Henry (Christian Convery) nach einem verbotenen Ausflug in die Wälder zu suchen. Die US-Rangerin Liz (Margo Martindale) und der Naturaktivist Peter (Jesse Tyler Ferguson) freuen sich eigentlich auf einen ruhigen Tag in der Blockhütte des kleinen Touristeninformationszentrums. Das Halbstarken-Trio Kid, Vest und Ponytail will hingegen nichts lieber tun, als im Park Unruhe zu verbreiten. Die Polizisten Bob (Isiah Whitlock Jr.) und Reba (Ayoola Smart) streifen auf der Suche nach den vermissten Drogen durchs Unterholz. Und auch Drogenbaron Syd White (Ray Liotta), seine rechte Hand Daveed (O’Shea Jackson Jr.) und sein depressiver Sohn Eddie (Alden Ehrenreich) sind hinter dem wertvollen Stoff her. Schließlich gibt es noch die Krankenwagenfahrer Beth (Kahyun Kim) und Tom (Scott Seiss), die nach einem mysteriösen Anruf den Gerüchten um einen übergriffigen Bären nachgehen.
Auf munteren Achterbahnschleifen
Dass sich die Fährten dieser Gruppen im Bärenwald immer wieder kreuzen und sich aus diesem dramaturgischen Stückwerk dennoch eine halbwegs stimmige Geschichte entwickelt, ist nicht nur dem Drehbuch zu verdanken, sondern vor allem auch der Regisseurin Elizabeth Banks, die es versteht, durch das Timing und die Liebe zu inszenatorischen Details die Spannungs- und Humorkurve in munteren Achterbahnschleifen auf und ab schwingen zu lassen. Auf Sinn kommt es hier ja nicht an, sondern vielmehr auf Unsinn, wenn der Bär drogentrunken auf Eddie einpennt oder behände die Baumwipfel erklimmt, um den weiß eingepuderten Peter erst abzuschlecken und ihn sich dann einzuverleiben.
Dass tut bei allem Spaß auch tüchtig weh und ist zwischenzeitlich sogar so spannend wie „Jurassic Park“, wenn Beth und Tom die Blockhütte des Grauens betreten, nichtahnend, dass im Hinterzimmer etwas Flauschig-Dunkles lauert.
Drogen sind (besonders in den USA) inzwischen ein heikles Thema im Unterhaltungsfilm. Der Spaß in „Kiffer-Filmen“ um Cheech & Chong oder Harold & Kumar ist spätestens nach „Ananas Express“ von David Gordon Green vorbei. Wenn sich Jugendliche auch noch ungewollt das Kokain reinziehen wie hier Dee Dee und Henry, wird das Eis dünn. Deshalb darf man von dieser Inszenierung keine geschmacklichen Grenzerfahrungen wie einst etwa bei den Farrelly-Brüdern in „Verrückt nach Mary“ erwarten. Doch die Mischung aus Drogen, Gore und Comedy ist auch nicht ohne, wenn die Regisseurin die Folgen des kindlichen Rauschs genussvoll auskostet.
Zudem helfen Sidekicks wie die mit ihrer einnehmenden Persönlichkeit immer wieder köstlich-skurrile Margo Martindale als Rangerin Liz, um die alberne Story auf Kurs zu halten. Denn bei allem Spaß macht sich auch ein wenig Wehmut breit. Mit dem völlig überkandidelten Drogenboss Syd White behalten Fans des 2022 verstorbenen Ray Liotta den Mobster-Charakterdarsteller in einer würdigen, weil augenzwinkernden Rolle in Erinnerung. Schließlich ist ihm hier ein (zumindest für die Bärenfamilie) äußerst schmackhaftes Ende beschert.