Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Acht Jahre nach "Bambi", nach zahlreichen kurzen Animationsfilmen, einigen Versuchen, Trick- und Realfilm zu kombinieren, und vor allem nach der regen Aktivität Walt Disneys für die US Armed Force im Zweiten Weltkrieg stellten die berühmten Trickfilmstudios 1950 erstmals wieder einen abendfüllenden Zeichentrickfilm her. Vom Sujet her kehrte man zu den Anfängen, zur Märchenverfilmung wie "Schneewittchen" zurück, verflocht die Vorlage von Charles Perrault allerdings mit verstärkter Gag-Routine und überzog alles mit glamourösem Oberflächenglanz, der einer amerikanischen Vorstellung vom Pomp europäischer Fürstenhäuser entsprach. Das allseits bekannte Märchen vom Aschenputtel, das von seiner bösen Stiefmutter zur Putzmagd erniedrigt wird, während seine beiden häßlichen und keifenden Stiefschwestern sich als adelige Töchter aus gutem Haus gebärden dürfen, wird mit einer zweiten Handlung kombiniert, in der der Disney-Tradition entsprechend animierte Tiere die Verbündeten von Cinderella/Aschenputtel sind. Mit Vögeln besingt Cinderella ihre Hoffnung, daß ihre Träume einmal wahr werden, zwei kleine Mäuse werden zu den "Stars" der "Widerstandsbewegung" gegen die Stiefmutter, vor allem aber gegen die grantige Katze Lucifer, die in ihrer stoischen Grandezza, aber auch in ihrer grimmigen Verschlagenheit die eindrucksvollsten und komischsten Szenen des Films bestreitet. Diesen Tieren stehen zwei Kategorien von Menschen gegenüber: während Cinderella, ihre Stiefmutter und der Prinz, den Cinderella schließlich trotz aller bösartigen Intrigen zum Ehemann bekommt, naturalistisch gezeichnet sind (und entsprechend blaß, teilweise wie Vorläufer der "Barbie"-Puppen wirken), sind die übrigen Figuren beinahe schon als Karikaturen angelegt und entsprechend amüsant: der König, der unbedingt Opa werden will, die gute Fee, die Cinderella aus einem Kürbis jene Kutsche zaubert, mit der sie doch noch zum Ball fahren kann, bevor der Zauber um Mitternacht seine Wirkung verliert. Mag in dieser Zeichentrick-Version das Märchen an sich etwas zurücktreten und das "Lehrhafte" eines solchen Märchens auf eine sehr schlichte Botschaft reduziert sein, so entschädigen dafür Momente stimmungsvoller Poesie, einfallsreiche Gags und zeichnerisch perfekt gestaltete Details. Im Wechsel von Amüsement und bedrohlichen Momenten findet der Film fast spielerisch einen Ausgleich, so daß auch jüngste Zuschauer ungetrübtes Vergnügen empfinden werden. Natürlich mag man über sentimentale Szenen (verstärkt durch die übersüßt eingedeutschten Lieder) die Nase rümpfen, aber auch diese sind halt ein Markenzeichen Walt Disneys, die zum Charme und Zauber der Illusionswelt des Trickfilms gehören.
Besprechung aus Heft 43/1951:
Nachdem sich Walt Disney in den vergangenen Jahren etwas in Spekulationen vertan hat, kehrt er in seinem "Aschenbrödel" zu seinen poetischen Anfängen zurück, die von Filmen wie "Schneewittchen" und "Bambi" bezeichnet werden. Nur "daß seine Technik nun ein Höchstmaß an Raffinement und Ausdrucksvermögen erreicht hat. Es ist zudem in diesem Film, selbstverständlich nur für einen Beobachter; der sich mit Disney eingehender beschäftigen will, die Gefahr einmal mehr vorhanden; daß sich Disney selbst kopiert. Disney ist sich zur Hypothek geworden: er hat auf dem Gebiet des Zeichentrickfilms solche unendlich überlegene Leistungen vorgewiesen, daß er immer wieder mit seinem eigenen Maßstab gemessen werden wird und deshalb danach trachten muß, diesen Maßstäben von allem Anfang an gerecht zu werden. Leicht wird so aus der Kunst ein Kunststück, und auch in diesem Film "Cinderella", welchen wir gerne eines unserer schönsten Filmerlebnisse seit langer Zeit heißen, gibt es neben Szenen reiner Märchenpoesie Partien, in denen die Form zu selbständig ist, sich emanzipiert. Großartig ist Disney vor allem in der Verlebendigung von Cinderellas Umwelt durch Tiere: die beiden Mäuse, von denen die eine etwas feist und schwatzhaft, die andere pfiffig und ein Schlaumeier ist, die beiden Vögel, die am Morgen Cinderella zur Arbeit für die böse Stiefmutter und die beiden häßlichen Stiefschwestern wecken, die grimmige Hauskatze, die eine Ausgabe der Stiefmutter ist - durch diese Einfälle in sprühender Fülle erreicht das Märchen Charles Perraults eine Dichte, die sich der Dichter vielleicht nur in Gedanken erträumte, als er es zum erstenmal erdachte und erzählte. Wir können wohl von diesem Film als Ganzes nichts schöneres sagen als: Die Phantasie wird nicht von der Anmaßung eines dürren Filmgehirns abgewürgt, sondern in einem Taumel von Musik, Farbe und treffender Zeichnung von einem geborenen Filmkomponisten beflügelt.