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Filmkritik
Die Stimmung zwischen Will Spann (Gerard Butler) und Lisa (Jaimie Alexander) während der Autofahrt ist eigentümlich verkrampft. So wie man sich eben gequält unterhält, wenn man in Trennung lebt. Lisa will zu ihren Eltern, um Abstand zu gewinnen. Will aber kann sich mit all dem noch nicht so recht abfinden, weil er noch immer Gefühle für seine Ehefrau empfindet. Um die Spannung aufzulockern, gibt Lisa vor, sich an der Tankstelle frischmachen zu wollen, obwohl es nur noch ein paar Meilen bis zum Ziel sind. Allerdings kommt sie auch nach Minuten noch nicht wieder. Ist sie geflüchtet?
Das ist angesichts der staubigen Straße eher unwahrscheinlich, und überdies gab es ja auch keinen Streit. Als Will nach gefühlten Stunden endlich den Polizisten Detective Patterson (Russell Hornsby) erreicht, stellt der emotionslos lauter unpassende Fragen. Offensichtlich glaubt er nicht so recht an eine Entführung, sondern eher wohl, dass eine Ehefrau sich hier aus dem Staub gemacht hat.
Doch auch Lisas Eltern haben nichts von der Verschwundenen gehört. Sie sind aber voller Vorurteile gegenüber ihrem Schwiegersohn, der immer häufiger die Contenance verliert. Während Will sich in seinem Kopf ausmalt, welche Qualen die entführte Lisa gerade durchstehen muss, haben potentielle Zeugen nicht das gesehen, was sie nach Wills Einschätzung hätten sehen müssen. Hat hier nicht doch ein Ehemann die Trennung seiner Frau mit einer ausgeklügelten Gewalttat quittiert?
Auf vermeintlich verlorenem Posten
Seit Hitchcocks „Eine Dame verschwindet“ (1938) ist die Rolle eines Zeugen auf vermeintlich verlorenem Posten im Thriller äußerst beliebt. Menschliche Wahrnehmung ist so relativ wie die unterschiedlichen Zeugenaussagen, die zu Protokoll gegeben werden. Doch während Hitchcock das Publikum mit dem Zeugen verbündet, indem er auf der Leinwand das sehen lässt, was wirklich geschah, gibt sich Regisseur Brian Goodman in „Chase“ betont vage.
Niemand kann zunächst wirklich sehen oder hören, mit wem Wills Frau im Augenblick ihres Verschwindens Kontakt hat. Klar ist nur, dass der anfangs sympathische Will durch sein aufbrausendes und irrationales Verhalten zunehmend seine Glaubwürdigkeit verspielt. Hat also Will seine Frau verschwinden lassen? Weil sie ein Verhältnis hatte? Oder hat sich seine Frau gerade deshalb aus dem Staub gemacht, weil sie jemand anderen kennengelernt hat?
„Chase“ hätte durchaus ein packender Thriller werden können. In seiner ersten Altersrolle hätte der gerade mal 52-jährige Actionstar Gerard Butler die Chance gehabt, einen verzweifelten (Ehe-)Mann zu spielen, der an der Ignoranz und Piefigkeit einer Kleinstadt und ihrer Ordnungshüter zerbricht. Ganz so wie weiland Sylvester Stallone, als er mit 51 Jahren in „Cop Land“ (1997) sein schauspielerisches Können auch ohne Fäuste unter Beweis stellte. Doch offensichtlich hat Butler als Produzent von „Chase“ beschlossen, dass für ihn die Zeit für solche Filmkunst-Eskapaden noch nicht gekommen ist.
Sturz in Bodenlose
Und so folgt nach einem vielversprechenden Beginn der Absturz ins Bodenlose. Es wäre zwar durchaus nachvollziehbar, dass ein treusorgender Ehemann das Heft in die eigene Hand nimmt, um angesichts einer unfähigen Polizei den Fall selbst zu lösen. Immerhin ist Will schnöder Immobilienentwickler und kennt sich mit Gesetzen diesseits des Strafrechts aus. Von Gewalt ganz zu schweigen. Doch nach einem Drittel des Films hört der Hauptdarsteller Butler urplötzlich auf, ein Schreibtischtäter zu sein, und schlüpft in die Rolle des Gerard Butler, den man aus Filmen wie „Gamer“ oder „Angel Has Fallen“ kennt. In die Gestalt jener Kampfmaschine, die weiß, wie man mit Rednecks oder Crystal-Meth-Köchen umgeht. Der die Faust ballt und den Abschaum virtuos am Gesetz vorbei fertigmacht.
Irgendwie zieht Will dabei sogar Detective Patterson auf seine Seite, der zumindest wohlwollend nickt, wenn Will mit der geretteten Lisa im Arm durch die brennende Szenerie schreitet und nun alles wieder gut sein soll!
Doch dem ist nicht so! Denn zwischendrin entfaltet sich eine grob fahrlässige Selbstjustiz-Geschichte, wie man sie in den 1980er-Jahren nicht wutschnaubender erzählt hätte. Allerdings ist von der Verve und Ironie eines Arnold Schwarzenegger oder Sylvester Stallone in „Chase“ nur die ermüdende Verbissenheit von Gerard Butler geblieben. Das macht dann doch einen Unterschied.