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Filmkritik
Film-"Verleiher" liefern bisweilen im Filmtitel ihre Inhaltserklärung mit, auch wenn er selten stimmt und oft die Spannung nimmt. Zudem ist Carrie zuerst eher ein unbestreitbarer Engel. Bis die physische Pubertät des scheuen Wesens sich um so stärker auswirkt, als die wahnreligiös verrückte Mutter außerstande war, das Kind aufzuklären. Zunächst sind Hohn und Spott der Mitschülerinnen die Folgen. Die Panikstimmung verschlimmert sich, als eine Turnlehrerin Carrie beschützen will und die Mädchenclique bestraft. Ein Rachekomplott entsteht. Carrie (bestechend gut dargestellt von Sissy Spacek) vergräbt sich zwischen Stapeln von telekinetischer und parapsychologischer Literatur; zwischendurch verübt die Mutter mit ihr Zwangsgebete wider die Unreinheit und in Erinnerung an die verabscheute Empfängnis. Auf einem Schul-Ball, von dem sie die Mutter in böser Eigensucht (vielleicht auch in Vorahnung ihres Untergangs) abhalten wollte, wird sie mit dem Schwarm der Schule zum Königspaar gewählt und im Augenblick ihres ersten natürlichen Gefühls von Glück und Genugtuung auf schändlichste Weise entwürdigt: auf dem Siegespodest stürzt ein Kübel öligen Ochsenbluts auf sie hernieder. Flugs strahlen nun die unerklärlichen, alpträumigen Kräfte aus ihr heraus, offensichtlich vereint mit dem Mutterfluch des Ungehorsams und der List von Herrn Satan persönlich: der Ballsaal fliegt - alles in Peckinpah-Zeitlupe - in die Luft und die halbe Ortschaft versinkt in die Erde. Auch Carrie und Mutter landen dort. Carries Freundin, die den Satansspuk überlebt hat, ist fortan von Schocks und Ängstträumen besetzt, bis Carries blutiger Arm sie aus der Hölle ergreift. - Brian de Palma hat eine Menge Vorbilder (darunter gewiß Bunuel, Welles, Hitchcock und Polanski) in einer Szene, nämlich im frappierenden Schlußeffekt, noch übertroffen. Auch sonst kann man dem treffsicheren Arrangeur von Publikumsgunst und Sensationsgier eine handwerklich gekonnte und technisch raffinierte Dramaturgie bestätigen, die ohne viel Skrupel ernstzunehmende Wirklichkeitsbeschreibung und psychische Beobachtung mit Horrormythen und Alptraummärchen vermischt, so daß am Ende jedoch - im Gegensatz zu manchen Vorbildern - wohl bei keinem Zuschauer etwas haften bleibt. Hier beginnt und endet offenbar die Bedeutung eines neu aufgezäumten Kunstgewerbes, das aus allen möglichen, jedenfalls zu vielen Nachbildungen zwischen Kinokunst und Kintopp eine kurzlebige Unterhaltungsproduktion für den unverbindlichen Übergangskonsum zurechtfiltert. Man darf trotzdem auf die Entwicklung des Regisseurs de Palma gespannt sein, da das Talent und sein Erfolg ihn befähigen können, den oberflächlichen Flirt mit Hollywood einmal zu beenden.