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Filmkritik
„Captain Faggotron saves the Universe“ ist ein satirischer Film, der gegenüber dem Katholizismus eine entschiedene Haltung einnimmt. Diese Konfession muss vielleicht nicht komplett überwunden, aber doch ordentlich sodomisiert werden. Anklänge von Blasphemie sind in dem Low-Budget-Film von Harvey Rabbit durchaus beabsichtigt. Denn Blasphemie ist zur Heilung der Welt von toxisch-patriarchalen, hetero-normativen und homophoben Strukturen unbedingt notwendig. Sie ist eine Art Gegengift, das die Körper befreien und den Planeten in ein utopisches Bilderbuch verwandeln soll, aus dem Diskriminierung, Krieg und Hunger verschwunden sind. Und in dem alle lieben können, wen sie wollen.
Der Name von „Captain Faggotron“, einem queeren Superhelden in knallgelbem Cape, knallgelber Mütze und rosafarbenem Oberteil, unterscheidet sich dabei kaum von dem Namen der Darsteller:innen oder dem des Filmemachers Harvey Rabbit. Die Künstler:innen tragen ähnliche Fetischnamen wie die Figuren, die sie darstellen; Personen namens Bishop Black, Pina Brutal oder Tchivett verkörpern Charaktere wie Queen Bitch, The Dick Reader oder den titelgebenden Captain.
Queers from outer space
Der einzige Hauptdarsteller, dessen Namen sich im Abspann seine bürgerliche Form bewahrt hat, ist Rodrigo Garcia Alves. Er spielt den katholischen Priester Father Gaylord, der queer ist, aber von großen Gewissensbissen gequält wird und sich am „Scheideweg zwischen Begehren und Scham“ befindet. Zumal er erfährt, dass mit Queen Bitch und The Dick Reader zwei „queers from outer space“, genauer: dem Planeten Oberon, mit Hilfe eines Rings den „Anus der Hölle“ öffnen und die Welt mit Dämonen fluten wollen, die die Fundamente der römisch-katholischen Kirche aus den Angeln heben und alle Menschen in Homos verwandeln sollen. Die christlich geprägte Hetero-Kernfamilie als normatives Lebensmodell wäre damit Geschichte.
Die durchgeknallte Handlung ist reiner Vorwand für eine Serie aus kurzen Szenen, Sketchen und Gags, die ihrerseits einen Vorwand zum überdrehten „Acting out“ bieten. Der Film ist massiver Camp; der Geist von John Waters schwebt über allem. Überblendungen finden mit Glitzer und wabernden Bildern statt. Interessant ist vor allem Queer Bitch (Bishop Black), eine Figur of color, die an die schillernd-diabolische Hauptfigur des brasilianischen Queerploitation-Klassikers „The Devil Queen“ (1974) von Antonio Carlos da Fonoura erinnert. Es gibt Satyrspiele im Wald, Erotikspiele beim Friseur und Bratwurstspiele vor dem Kiosk (in Form eines Fellatio-Wettbewerbes, exerziert an in Brothälften steckenden Würstchen). Außerdem finden sich Fantasiespiele im Hinterzimmer des Pfarrers, der eine nächtliche Begegnung mit einem vom Kreuz herabsteigenden Jesus hat. Auch Jesus, der sich vorzugsweise mit Männern umgab, ist natürlich queer, raucht einen Joint und rät dem aufgebrachten Priester, sich nicht von homophoben Ideologen verführen zu lassen.
Ein Film für „seine“ Gemeinde
Dennoch reicht die Verrücktheit des Films nicht aus, sich selbst zu parodieren, da der befreiende Camp die konventionellen aktivistischen Phrasen queeren Empowerments nicht überschreitet. Die „fucked-up homophobic agenda“ wird unmissverständlich und wiederholt verurteilt. Wie „Orlando, meine politische Biographie“ von Paul B. Preciado, der ein sehr viel anspruchsvolleres Projekt über trans Personen verfolgt, entsteht der Eindruck einer gewissen Geschlossenheit, in der die Darstellungen und aktivistischen Diskurse weniger Transgression und Offenheit hervorbringen, als vielmehr eine bestehende Community in ihrem Selbstbild bestärken. Letztlich wendet sich auch dieser Film an „seine“ Gemeinde. Bei aller Vergnüglichkeit und politischen Relevanz kann „Captain Faggotron“ nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Darstellung von Diversität durchaus mit einem seltsamen Überschuss an Klarheit und einem ebenso seltsamen Mangel an Komplexität einhergehen kann, die hinter dem durchs Bild geworfenen Glitter wie von Zauberhand verschwindet.