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Filmkritik
Wie wäre es, wenn man einen kleinen Computer in ein Handy verpflanzen und damit plötzlich mehr anstellen könnte als nur telefonieren? Was heute selbstverständlich erscheint, war vor 27 Jahren eine Revolution. In „BlackBerry“ erzählt der kanadische Regisseur Matt Johnson die Geschichte dieser umwerfenden Erfindung, die nicht nur unseren Blick auf die Welt verändert hat, sondern rasch auch in Vergessenheit geriet, wie der Titel des zugrundeliegenden Buches „Losing the Signal: The Untold Story Behind the Extraordinary Rise and Spectacular Fall of BlackBerry“ von Jacquie McNish und Sean Silcoff andeutet.
Eine Idee setzt sich durch
Die Handlung setzt im Jahr 1996 ein. Mike Lazaridis und sein bester Freund Douglas Fregin tüfteln auf einem Hinterhof in Waterloo, Kanada, am ersten Smartphone. Hoffnungsvoll nennen sie ihr Unternehmen „Research in Motion“. Sie sind kluge, brillante Köpfe, aber keine Geschäftsleute, die ihr Produkt bei Geldgebern anpreisen könnten. Das ändert sich, als der ehrgeizige Karrierist Jim Balsillie mit seinem BMW vorfährt. Er wurde als kühler, rücksichtsloser Stratege eingeführt, der gerne mal Anordnungen missachtet und dafür prompt gefeuert wurde. Jetzt drängt er sich ohne Skrupel in die Position des Co-Geschäftsführers von „Research in Motion“.
Mit Mikes Genialität, Dougs verrückter Energie und Jims Ehrgeiz nehmen die Dinge Fahrt auf. Die Geldgeber stehen Schlange, die Entwicklung geht voran, und plötzlich ist das nach einem Brombeerfleck auf Mikes Hemd benannte Gerät auf dem Markt. Scheinbar über Nacht haben die drei Männer die Art und Weise, wie Menschen miteinander kommunizieren, revolutioniert; am „BlackBerry“, dem besten Telefon der Welt, kommt niemand vorbei. Doch dann häufen sich die technischen Probleme, und die Konkurrenz schläft nicht.
Der Erfolg verändert die Menschen
„BlackBerry“ konzentriert sich zunächst auf die drei Hauptfiguren, ihre Charaktere und die Art, wie sie sich mit dem Erfolg verändern. Während Mike Lazaridis (Jay Baruchel) sich vom schüchternen Nerd zum eigenbrötlerischen Tyrann wandelt, bleibt Douglas Fregin (Matt Johnson) mit der Weigerung, sich anzupassen und nur dem Geld hinterherzujagen, so etwas wie die moralische Instanz des Films. Das eigentliche Ereignis von „BlackBerry“ aber ist Glenn Howerton. Sein Jim Balsillie zieht mit dem selbstbewussten Ego, dem extravaganten Verhalten und der frechen Arroganz die Aufmerksamkeit auf sich. Ein skrupelloser Machtmensch, dessen tiefer Fall fast schon einem Shakespeareschen Drama gleichkommt. Wenn er am Schluss lächelt, nimmt er sein Schicksal an – ein Monster, das stolz ist auf seine Fehler.
In der Schilderung dieser schillernden, höchst unterschiedlichen Charaktere funktioniert der Film auch als Komödie. Zwei liebenswerte Nerds werkeln in einer Garage vor sich hin und werden plötzlich, von einem Dritten abgetrieben, in das Haifischbecken weltumspannender Geschäfte geworfen.
Nichts währt mehr ewig
Doch dieser komische Kontrast hat auch etwas Trauriges. Wir leben in einer Zeit stetiger Veränderung. Was vor 30 Jahren hip war, ist längst passé. Nichts ist für immer; alles kann vom Fortschritt verschlungen werden. Vom BlackBerry redet jedenfalls niemand mehr. Was müssen die Angestellten von „Research in Motion“ in jener Szene gedacht haben, als Steve Jobs 2007 im Fernsehen das erste iPhone von Apple vorstellte? Ihre verdatterten Mienen sprechen Bände.