- RegieCate Shortland
- ProduktionsländerVereinigte Staaten
- Dauer134 Minuten
- GenreAbenteuerScience FictionAction
- Cast
- AltersfreigabeFSK 12
- TMDb Rating7.4/10 (8529) Stimmen
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Am Anfang bricht für zwei Mädchen im Jahr 1995 zu den Klängen von Don McLeans „American Pie“ die Welt zusammen: In einem Moment sitzen sie noch mit Mutter (Rachel Weisz) und Vater (David Harbour) friedlich beim Abendessen in einem Vorstadt-Zuhause in Ohio, im nächsten Moment werden sie ins Auto verfrachtet und in einer actionreichen Nacht-und-Nebel-Aktion außer Landes gebracht. Bei der scheinbar ganz normalen US-Familie handelt es sich um eine russische Schläfer-Zelle; nun ist die Tarnung aufgeflogen, und es geht Richtung Kuba – in die Arme eines Mannes namens Dreykov (Ray Winstone), Leiter des sogenannten „Red Room“ und des Black-Widow-Programms. Unter dessen drakonischem Regime wird die Kindheit der beiden Mädchen enden und ihre Karriere als hochspezialisierte Killerinnen beginnen. Viele Jahre später wird eine der beiden, Natasha Romanova (Scarlett Johansson) alias Black Widow, den Red Room hinter sich gelassen, erst zur S.H.I.E.L.D.-Agentin und dann zum Avengers-Mitglied geworden sein. Und sie wird mit Dreykov noch eine offene Rechnung haben…
Eine überfällige Hauptrolle für die Avengers-Heldin
Den Namen Dreykov kennen Fans des Marvel Cinematic Universe schon aus „Marvel’s The Avengers“, wo ihn Avengers-Antagonist Loki erwähnt, als er versucht, Black Widow mit Erinnerungen an ihre traumatisch-schuldhafte Vergangenheit zu triezen – da ist arg nebulös von „Dreykovs Tochter“ die Rede. Wie genau diese Vergangenheit aussieht, erfuhr man in den bisherigen Filmen des MCU nur ansatzweise, wie so vieles über die Figur. Fans verlangten schon seit Jahren danach, dass diese Lücke mit einem Black-Widow-Film geschlossen werden müsste, 2018 verfestigten sich die Gerüchte, dass ihr tatsächlich ein Solo-Abenteuer zugestanden werden würde; 2021 liegt dieses nun vor. Leider ist das zu spät, zumindest für den Film, wie ihn Drehbuchautor Eric Pearson konzipiert hat.
Während die Serien, mit denen das Marvel Cinematic Universe seit Frühjahr 2021 erweitert wird („WandaVision“, „The Falcon and the Winter Soldier“, „Loki“), stilistisch frischen Wind in die Reihe bringen und spannende neue Handlungsfäden für die „Phase 4“ des Erzähluniversums ausspinnen, wirkt der „Black Widow“-Kinofilm wie ein überflüssiger Nachklapp für eine Figur, deren Geschichte mit „Avengers: Endgame“ bereits an ein stimmiges, schön melodramatisches Ende geführt worden war.
Der Film wagt sich nicht in die Abgründe seiner Figur vor
Dabei hätte die Auseinandersetzung mit der Origin Story der schwarzen Witwe durchaus Stoff für einen lohnenden Blick zurück liefern können – die Fangemeinde freute sich schon auf ein Abtauchen in die Abgründe der Figur, der in „Marvel’s The Avengers“ vorgehalten wird, dass in ihrer Lebens-Bilanz so viel in (Blut-)Rot verzeichnet sei, dass sich das niemals mehr werde gutmachen lassen. Diese Abgründe waren den Machern anscheinend aber zu düster und gewalttätig und werden im Film allenfalls gestreift; stattdessen zieht sich „Black Widow“ auf eine Story zurück, die arg austauschbar eine eher komödiantisch als dramatisch angelegte Story einer Familien-Wiedervereinigung und generische Agenten-Action mischt.
Angesiedelt ist der von Cate Shortland inszenierte Film nach der in den 1990er-Jahren verorteten Exposition auf der MCU-Timeline kurz nach dem Finale von „The First Avenger: Civil War“ und vor den Ereignissen von „Avengers: Infinity War“: Natasha ist nach der Verhaftung des Teams von Captain America, das sie unterstützt hat, untergetaucht und versteckt sich in Norwegen irgendwo in der Wildnis. Dort holt sie ihre „Red Room“-Vergangenheit ein: Eine junge Frau (Florence Pugh), die ebenfalls zum „Black Widow“-Programm gehörte und sich als ihre verlorene Schwester entpuppt, schickt ihr etwas, was Natasha auf die Fährte einer neuen Mission schickt: Dreykov und den „Red Room“, die sie längst für besiegt hielt, aufspüren und ein Ende machen mit dessen brutaler Ummodelung von Mädchen in willenlose Killermaschinen. Das schafft Natasha allerdings nicht allein, sondern muss erst ihre falsche Kleinfamilie von einst wieder vereinen, was sich aus verschiedenen Gründen als schwierig entpuppt.
Bombast-Action soll den emotionalen Drive ersetzen
„Stranger Things“-Star David Harbour ist dabei als Alexei Shostakov alias Red Guardian (in den Comics ein Ehemann Natashas, hier der Schein-Vater) hauptverantwortlich für den Humor und hat als um die Taille in die Breite gegangener, mit albernem Fake-Russenakzent parlierender Ex-Sowjet-Superheld tatsächlich einige lustige Szenen; insgesamt fehlt es dem Film aber an Raum, um ihn und die anderen Charaktere, mit deren Hilfe hier Natashas Hintergrund beleuchtet werden soll, so auszubauen, dass die verkorkste Familiengeschichte echten emotionalen Schwung entfaltet. Selbigen sollen stattdessen bombastische Action-/Effekt-Szenen liefern, schaffen das aber eher schlecht als recht. Was nicht an der technischen Umsetzung liegt, die gewohnt spektakulär ist, sondern an mangelnder Originalität – bis hin zu einem Finale, das motivisch dermaßen stark an „The Return of the First Avenger“ angelehnt ist, dass sich eher Déjà-vu-Langeweile als Wow-Momente ergeben. Auch die Gelegenheit, rund um den Red Room und den Red Guardian die kuriose Sowjet- und Post-Sowjet-Ecke des Marvel-Universums zu erkunden, wird nur ansatzweise genutzt – dafür schafft der Film zu wenig Kontext, widmet den Nebenfiguren, ihrer Lebenswelt und Geschichte nicht genug Aufmerksamkeit.
Um zumindest ansatzweise einen neuen erzählerischen Impuls zu bekommen, der das Ganze an Phase 4 des MCU ankoppelt und eine Fährte zu kommenden Ereignissen legt, muss man schließlich bis zur Post-Credit-Szene ausharren. Sehr schade für die von Scarlett Johansson so lange charismatisch verkörperte Figur, die für ihren überfälligen Aufstieg zur Titelheldin wahrlich Besseres verdient hätte.