Filmplakat von Battles without honor and humanity

Battles without honor and humanity

100 min | Drama, Krimi | FSK 16
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Das Nachkriegs-Japan liegt in Trümmern. Gewalt und Kriminalität sind an der Tagesordnung, der Schwarzmarkt blüht. Weder die amerikanischen Besatzer noch die japanische Polizei vermag für Recht und Ordnung zu sorgen – es sind die Yakuza, die die Straße fest im Griff haben. Um einen Freund zu rächen, ermordet der junge Kriegsheimkehrer Shozo Hirono einen Yakuza und kommt ins Gefängnis. Dort schließt er Blutsbrüderschaft mit einem Yakuza des Doi-Syndikats. Wieder auf freiem Fuß wird er Mitglied im Yamamori-Syndikat. Als es zum Streit zwischen den Doi und den Yamamori kommt, ist der Grundstein für den längsten und blutigsten Yakuza-Krieg Japans gelegt.

Filmkritik

Der Atompilz über Hiroshima ist das erste Bild von „Battles Without Honor and Humanity“ aus dem Jahr 1973. Das alte Kaiserreich ist im nuklearen Feuer vaporisiert. Die fünfteilige Yakuza-Filmreihe von Kinji Fukasaku, die mit „Battles Without Honor and Humanity“ beginnt, zeigt, was übriggeblieben ist. Das Japan, das in den Wellblechhütten aus der Asche Hiroshimas emporsteigt, blickt nicht nach vorne. Gleich in der ersten Szene wird es von einem der noch überall präsenten US-amerikanischen Soldaten vergewaltigt.

In den folgenden Szenen beginnt es, sich im Kampf um die wenigen Reste, die nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs geblieben sind, selbst zu zerfleischen. Der erste Teil ist ein hässliches Wimmelbild, das junge Männer zeigt, die sich unter Führung von den Warlords der Yakuza in Blutfehden gegenseitig zerstören. Die Nachkriegs-Yakuza sind nicht mehr die ehrbaren Gesetzlosen der „Ninkyō eiga“ genannten Gangsterfilme der 1960er-Jahre. Ihre Ordnung, die aus den geschändeten Resten des Kaiserreichs erwächst, ist amoralisch und brutal.

Mehr fressen als die anderen

Mit Shozo Hirono (Bunta Sugawara), dem letzten der ehrbaren Assassinen, haben die Yakuza noch eine Art Held, der den klassischen Konflikt des „Ninkyō eiga“, den Konflikt zwischen Pflicht und Gewissen, mit sich selbst auszufechten hat. Doch die dazugehörige Unterwelt hat keinen Platz mehr für Integrität oder Ehre. Hirono ist als einer der wenigen aus dem Krieg heimgekehrt. In Hiroshima gerät auch er in den Strudel der Gewalt. Er rächt den Tod eines Freundes mit dem nächsten Mord, landet im Gefängnis und wird bald Mitglied eines Verbrecher-Syndikats und damit Teil der grausamen Logik des Yakuza-Kapitalismus, der sich in der nuklearen Asche formiert.

Mehr fressen als die anderen, ist die einzige Maxime dieses Systems. An seiner Spitze steht Yamamori Yoshio (Nobuo Kaneko), der Hirono in diesem Film und seinen vier Fortsetzungen als Verkörperung des abscheulichen Patriarchen gegenübersteht. Der Boss, dem Hirono anfangs folgt, um sich dann aber von ihm loszusagen und sich zwischen ihn und seinen Rivalen zu stellen, entpuppt sich als lächerlicher, kleinkarierter Tyrann, der nicht einmal mit seinen engsten Vertrauten teilen will. Er ist der Prototyp eines Mannes, der Fukasakus Nachkriegs-Japan und alle Gewaltzyklen, die seine fünfteilige Filmreihe durchläuft, beherrscht.

Als Yoshios Syndikat gegründet wird, gibt es keine formelle Zeremonie, nur ein von anderen Kriminellen bezeugtes, formloses Sake-Trinken. Die wenigen Rituale, die die nukleare Vernichtung überlebt haben, sind abscheuliche Selbstverstümmelungen, die keinen sittlichen Wert mehr haben. Das Seppuku, der rituelle Selbstmord der Samurai, ist hier kein ehrenvoller Tod, sondern ein Versuch, sich in den Krankentrakt des Gefängnisses verlegen zu lassen; das bei den Yakuza bekannte Abschneiden der eigenen Finger gleicht keinem erhabenen Ritual, sondern einer mit dem Küchenmesser vollzogenen Sauerei, bei der die abgetrennte Fingerkuppe im Dreck landet und schließlich als wertlose Ehrerweisung einem fremden Boss präsentiert wird.

Die profane Gewalt der Masse

Wie die Rituale sind auch die oft allegorischen Bilder der Gewalt nie zu der kunstvollen Eleganz stilisiert, die es noch in den japanischen Historienfilmen der 1960er-Jahre zu sehen gab. Wo sich Yakuza und Samurai einst rituell duellierten, bleibt hier nur die hässliche, chaotische und auf grausamste Art profane Gewalt der Massen übrig. Nicht ein elegant geführter Dolchhieb, nicht ein gut gezielter Schuss, sondern das hässliche Einstechen, Einschießen und Einschlagen auf den Leib, das sich unzählige Male wiederholt, bis das hilflos zappelnde Leben endlich entwichen ist. Bei einem Attentat auf einen verfeindeten Boss rennt Hirono einfach auf diesen zu, schießt ihm sein gesamtes Magazin in den Leib, stolpert bei der Flucht über ihn und landet zusammen mit dem Opfer selbst in dessen Blutlache.

Das Bild gerät mit der Welt aus der Balance, taumelt mit Handkamera-Aufnahme umher, zoomt hektisch auf die Hände, die sich an Bargeld oder Waffen klammern oder fängt die aufeinander prügelnden Massen in verrutschen Perspektiven ein. Die ästhetische Dynamik hebt nie den Augenblick hervor, sondern treibt den Film immer tiefer ins hässliche Chaos der Unterwelt von Hiroshima. Zum Stehen kommt diese Welt nur in jenen Momenten, die den Tod eines bekannten Yakuzas markieren – Freeze Frames, die als Todesanzeigen fungieren.

Eine neue Ära aus Gier und Korruption

„Battles Without Honor and Humanity“ entfaltet sich nicht entlang dieser Todesanzeigen, sondern folgen Fukasakus eigene Chronik der Nachkriegsjahre. Dazwischen stehen historische Aufnahmen: die ausgebrannte Genbaku-Kuppel, der Beginn des Koreakriegs, die Studentenunruhen der 1960er-Jahre. Eine tonlose Stimme verbindet den Aufstieg der Gangster mit der Geschichte. Das nukleare Feuer hat in Japan eine neue Ära eingeleitet, eine des wirtschaftlichen Erfolgs, der Gier, Korruption und Brutalität.

Erschienen auf filmdienst.deBattles without honor and humanityVon: Karsten Munt (18.6.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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