Yamamoto - Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten

79 min | Dokumentarfilm
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Yohji Yamamoto - ein kreatives Genie zwischen den Metropolen Paris und Tokio. Wim Wenders findet in ihm einen Seelenverwandten und beobachtet den Mode-Avantgardisten mit der Kamera. Wenders' Film über die Kunst des Kleidens wird zum Porträt der Städte und zum Diskurs der Gemeinsamkeiten von Architektur, Design und Kino. Dieser "Tagebuchfilm", wie Wenders ihn nannte, untersucht die Gemeinsamkeiten seines Handwerks, des Filmemachens, mit dem Handwerk eines Modedesigners, dem in Tokyo lebenden Yohji Yamamoto, der zu Beginn der 1980er Jahre die Modewelt in Paris und New York schockierte und revolutionierte.

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Filmkritik

Ein deutscher Filmautor auf der Suche nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Als Mittel zum Zweck, aber nicht nur, dient ein Porträt des japanischen Freundes und Modeschöpfers Yoji Yamamoto, der in Tokio und Paris eine florierende Firma betreibt. Wenders beobachtet den Wandler zwischen zwei Welten mit akribischer Genauigkeit und versucht nüchtern, hinter das Geheimnis seines Erfolges zu kommen. Schnell wird deutlich, daß dieser Dokumentarfilm nicht die herkömmliche Beschreibung einer Karriere sein kann und will, sondern daß Wenders dem Wesen der Dinge auf die Spur kommen und eine universelle Aussage treffen will, die sowohl für die Kunst des Schneiderns als auch für die des Filmemachens gilt. Während er dem Schneider in zahlreichen Gesprächen und mit der detailgetreuen Beobachtung seines Handwerks auf die Spur zu kommen scheint, wird die Verwirrung das eigene Metier betreffend immer größer.

Das Geheimnis der Dinge und des Handwerks scheint in der Einfachheit zu liegen, die alles auf die wesentliche Essenz reduziert. So gesehen, gelangt der Handwerker, der zugleich auch ein Künstler ist, zur höchsten Vollendung, wenn er die ästhetische Form der Dinge mit ihrer Funktion in Einklang bringen kann. Die einfache Formel lautet: ein Mantel ist schön, weil er wärmt! Begreift dies der Benutzer, so kann der Mantel ihm ein Freund werden. Die erfolgreiche Suche nach der Wahrheit des Kleider-Autors Yamamoto stürzt jedoch den Film-Autor Wenders in arge Verwirrung. Der Verfechter des reinen Kinos sieht plötzlich in der Videoproduktionseinheit die "wahrhaftigere" Form des filmischen Schaffens, da sie den Fluß der Geschichte weniger stört und die Beobachtungen weniger "beeindruckt". Die Reflexion über das Handwerk macht also auch nicht vor Wenders` Metier halt und wird durch Überlegungen zu den digitalen Bildern der Zukunft noch komplizierter.

Wenders hat seinen vielschichtigen, nicht einfach zugänglichen und konsumierbaren Film zu einem Diskurs über den Menschen, das Leben und die Arbeit verdichtet, wobei er sich zumeist mehrerer visueller Ebenen bedient, um seinem komplexen Gedankengang gerecht zu werden. Mal bestimmt das gestochen scharfe Bild einer 35mm-Kamera das Geschehen, dann dominiert das verwaschene Videobild, später wiederum filmt die Videokamera die Bilder eines Videomonitors ab, was fast zur Auflösung des visuellen Eindrucks führt. Dabei erhält der Film durch den gleichzeitigen Einsatz dieser Aufnahme-Einheiten - meist ist ein Monitor im Bildvordergrund zu sehen, dessen Bilder mit denen des Hintergrundes korrespondieren bzw. sie kommentieren - seine ungeheuer komplexe Struktur. Wie schon in Wenders` erstem Dokumentarfilm über Japan, "Tokyo Ga", der sich mit dem japanischen Regisseur Yasujiro Ozu beschäftigte, ist "Aufzeichnungen von Kleidern und Städten " auch nur auf den ersten Blick ein Porträt eines Menschen und seiner Arbeit; der eigentliche Blick ist auf eine ganz andere Ebene gerichtet, dorthin, wo sich der Sinn der Dinge zu erkennen gibt. Wer gewillt ist, sich zu dieser Sinnsuche verlocken zu lassen, für den wird Wenders` jüngste" Arbeit zu einer faszinierenden Entdeckungsreise werden.

Erschienen auf filmdienst.deYamamoto - Aufzeichnungen zu Kleidern und StädtenVon: Hans Messias (24.5.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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