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Filmplakat von Auf Wiedersehen, Kinder

Auf Wiedersehen, Kinder

104 min | Drama, Kriegsfilm
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Aus den Jugenderinnerungen des großen französischen Regisseurs Louis Malle: Ein katholisches Internat in der Provinz versteckt im kalten Winter 1944 jüdische Kinder. Der Film erzählt von der kurzen Freundschaft zwischen einem der christlichen und einem jüdischen Jungen, die durch die Verhaftung der Juden und des verantwortlichen Paters beendet wird - so herzergreifend, daß man bittere Tränen weinen muß. Vor allem, weil es wirklich passiert ist. Der Film erhielt in Berlin den "Felix" für das beste Drehbuch und in Venedig den "Goldenen Löwen".

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Filmkritik

Das besetzte Frankreich im Januar 1944. Julien Quentin, elf Jahre alt, kehrt nur widerstrebend aus den Weihnachtsferien in seine Schule, ein von Patres geführtes Internat bei Fontainebleau, zurück. Seine Aufmerksamkeit wird geweckt durch Bonnet, einen neuen Mitschüler, den ein Geheimnis zu umgeben scheint. Bonnet ist still und zurückhaltend. Aber im Unterricht zeichnet er sich aus, und seine musikalische Begabung ist ebenfalls offenkundig. Der Zuneigung Juliens, die im Laufe dieser winterlichen Schulalltage voller Langeweile und üblicher Kindereien wächst, enthüllt sich schließlich der verheimlichte Hintergrund des Wesens von Bonnet: er ist Jude und heißt eigentlich Kippelstein. Julien wahrt dieses nun auch ihn betreffende Geheimnis, das ihm Bonnet noch vertrauter macht. Die Freundschaft zerbricht jäh, als die politische Wirklichkeit, die bisher eine eher marginale Rolle spielte für Schule und Kinder, in Gestalt der Gestapo in das Internat einbricht. Joseph, ein wegen Schwarzhandels mit den Schülern entlassener Küchengehilfe, hat das Internat denunziert. Man sucht nach jüdischen Mitschülern und findet sie, unter ihnen Bonnet. Auch Pater Jean, der Schulleiter, wird verhaftet. Sein "Auf Wiedersehen, Kinder", gerichtet an die im Hof angetretenen Schüler, ist ein endgültiger Abschied: Er wird nicht wiederkehren, da er wie sein Schüler Bonnet in einem deutschen KZ umgebracht werden wird.

Louis Malle ist nach zehnjähriger Arbeit in den USA mit diesem Film nach Frankreich und Europa zurückgekehrt. Gleichzeitig stellt dies eine Heimkehr in die eigene Vergangenheit dar. Der Stoff seines Films ist dem eigenen Erleben entlehnt; schon lange hatte Malle vor, dieses ihn am stärksten prägende Erlebnis seiner Kindheit filmisch zu behandeln. Erst jetzt hat er diese Geschichte über Kindheit und über die Ungeheuerlichkeit von Rassismus und Gewalttätigkeit verwirklicht. Herausgekommen ist eine kinematografische Meisterleistung: Eine ganz und gar stille Geschichte, unspektakulär, diskret, zärtlich und voller Liebe zu Kindheit und Kindern. Aus der Stille der Geschichte heraus wird die Anklage gegen Ungerechtigkeit um so intensiver. Derartig unpathetische und authentische Erinnerungen an die Schrecken der NS-Zeit sind immer wieder notwendige und unverzichtbare Ergänzungen für das von Lethargie bedrohte kollektive Bewußtsein, soweit es die jüngere Geschichte betrifft. Malles Sensibilität für die mit seiner eigenen Biografie verknüpfte historische Dimension ist nicht unerheblich ("Lacombe, Lucien"). Noch wichtiger scheint die rückgewandte und je gegenwartsgespeiste Besinnung auf Kindheit und Jugend zu sein, die in Malles Filmen immer wieder Ausdruck findet ("Zazie"; "Herzflimmern"; "Pretty Baby"). Immer aber handelt es sich um einen außergewöhnlich feinfühligen Zugriff auf menschliche Schicksale, die ursprünglich nichts Spektakuläres an sich haben, die erst durch die filmische Behandlung zu Ereignissen werden. Ereignis werden Malles Filme nicht zuletzt, wie auch in diesem Falle, durch die delikate Bildbehandlung. Die fast monochrom eingefärbten Bildfolgen dieser Geschichte transportieren mehr Stimmung und Gefühlslage als viele Worte oder Handlungselemente: die winterliche Kälte, die Klarheit unbedrohter kindlicher Welten, deren Gefährdung durch anonyme Bedrohung. Die Augen bekommen durch die Dominanz von Gesten und Mimik, durch den Einsatz von Gesichtern und Blicken mehr zu tun als die Ohren angesichts der sparsamen Verwendung von Dialogen. Die Kinder, die Louis Malle hierzu ausgesucht hat, sind glänzend. Entsprechend besticht die Regieleistung: Derartige und gleichermaßen über die absurden schauspielerische Präsens bei Kindern zu bewirken, setzt ein nicht gerade alltägliches Maß an Fähigkeit voraus, mit Kindern umgehen zu können. Ein Glücksfall von unaufdringlichem Film über Zauber und Rang der Kindheit Deformationen des Menschlichen durch Erwachsene, denen die Erinnerung an die eigene Kindheit abhanden kam.

Erschienen auf filmdienst.deAuf Wiedersehen, KinderVon: Reinhold Jacobi (16.9.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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