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Filmkritik
Helden der Kindheit fristen ein hartes Los. So innig man sie auch geliebt und als Vorbild erkoren hat, so wenig will man von ihnen noch wissen, wenn man erwachsen wird. Bei Alex (Mathieu Berger) ist das allerdings ein wenig anders. Schon als Kind hatte er Arthur, den Protagonisten aus „Arthur und die Mimimoys“, um dessen Draufgängertum und seine Abenteuerlust beneidet. Vor allem aber hatte Arthur diese tollen Großeltern, die in einem sagenumwobenen Landhaus lebten, das Alex’ Fantasie ins Unermessliche sprießen ließ. Dass Arthur auf den Spuren seines Großvaters, der auf einer seiner Entdeckungsreisen verschollen ging, in dessen Anwesen auf Artefakte der naturwesenhaften Minimoys gestoßen war und mit diesen zusammen in der Zwischenwelt unterhalb des Kellers nach Schätzen fahndete, schlägt Alex noch immer so sehr in Bann, dass er die Avancen von Samantha (Thalia Besson) immer übersah, mit der er ein ums andere Mal seinen Lieblingsfilm „Arthur und die Minimoys“ anschaute.
Inzwischen ist sein 18. Geburtstag herangerückt, zu dem neben der verschworenen, seinerzeit auch „Arthur“-verrückten Clique auch Samantha erscheint, verkleidet als Minimoy-Prinzessin, wie natürlich auch alles andere ganz im Zeichen der Fantasy-Reihe steht. Obwohl die Begeisterung der Freunde inzwischen eher auf ein normales Maß geschrumpft ist, wollen sie Alex eine ganz besondere Überraschung bereiten. Douglas (Mikaël Halimi), der Computer-Nerd der Klasse, hat tatsächlich den Drehort der Filme aufgetan, der nicht in den USA, sondern in Frankreich in einem nahegelegenen Waldstück liegt.
Was wäre, wenn alles wahr wäre?
Was die acht Freunde nach einer stundenlangen Irrfahrt dort entdecken, verschlägt ihnen den Atem. In dem alten, verwinkelten Landhaus stoßen sie tatsächlich noch auf Gegenstände von den Dreharbeiten. Das verwaiste Anwesen mitsamt der Wälder und Wiesen steht ihnen anscheinend ganz allein zur Verfügung.
Es ist eine faszinierende Idee, die Regisseur und Produzent Luc Besson da eingefallen ist: das eigene Erfolgsprodukt „Arthur“, das er in vier Comic-Büchern und drei Kinderfilmen scheinbar auserzählt hat, noch einmal aus Sicht der Fans zu rezipieren. Und zwar nicht ungebrochen, da sich die Reise in die Vergangenheit in einen schrecklichen Albtraum wandelt.
Was wäre, wenn die Fabel um Miniwesen im Feen- und Bienenreich wahr wäre? Und damit auch all die Monster und Bösewichte existieren würden, die unter der Erde lauern? Horrorfilmfans wissen seit „Krampus“ von Michael Dougherty, wie grausam und brutal es werden kann, wenn märchenhafte Wesen ins Hier und Jetzt eindringen und unter jenen Unheil anrichten, die sie bislang nur in ihrem Kopfkino beherbergten. Und seit Wes Cravens „Haus der Vergessenen“ gehört es überdies zum Genrekanon, dass unter den Treppen oder in den Zwischenwänden alter Häuser weit mehr lauert als Schaben und Mäuse.
Luc Besson müssen beim Schreiben des Drehbuchs etliche Klassiker des Horrorgenres durch den Kopf gegangen sein. Davon ließ er sich allerdings so sehr ablenken, dass vom ursprünglichen „Arthur und die Minimoys“-Konzept nicht mehr viel übriggeblieben ist. Denn schon bei der Hinreise entscheiden sich die Jugendlichen des Öfteren für die falsche Abzweigung, und auch dramaturgisch geht einiges schief. Als die Gruppe an einem Ort Halt macht, um sich mit Nahrung zu versorgen, lungern seltsame Gestalten um Brunnen und auf Häuserfluren. Als sie an einem einsamen Haus an der Landstraße nach dem Weg fragen, empfängt sie ein garstig-fetter Bauer, der blutige Dinge auf der Wäscheleine trocknet und zwischen seinen nie geputzten Zähen gar Ungastliches geifert.
Was Jugendliche in Horrorfilmen tun
Die Genre-Versatzstücke sind eindeutig. Doch auch wenn „Arthur, Malédiction“ die epische Weite der Landstraßen, Kornfelder und Waldgebiete fehlt und man die französische Großstadt um die Ecke förmlich riecht, verlässt der Film, noch bevor er richtig anfängt, den Fantasy-Pfad und biegt Richtung „Backwood-Slasher“ ab. So entzaubert, verliert man schnell das Interesse am stimmungsvollen Set des alten Hauses und schüttelt zunehmend den Kopf ob der Dinge, die Jugendliche in Horrorfilmen tun, obwohl sie diese tunlichst lassen sollten, wenn sie überleben wollen.
Wovor die Gruppe und mit ihr das Publikum aber eigentlich Angst haben soll, wird indes nicht ganz klar. Denn die zu Beginn postulierten „asozialen Dorfbewohner“ kommen erst ins Spiel, wenn sich der Abspann andeutet. Zwischendrin huschen Hoodie-Träger an Gardinen vorbei, hängen irgendwelche Bekannte unvermittelt kopfüber an Bäumen oder wandeln murmelnde Fackelträger bei Vollmond durchs Unterholz. Arthur und seine Minimoys sind denn auch erst mal abgemeldet, wenn Bärenfallen oder Wildbienen mehr schmerzen als das Verblassen liebgewonnener Filmhelden.
In dem Film von Barthélémy Grossmann macht nichts Sinn, und verwunschen oder verflucht ist erst recht nichts. Verflixt schon eher, denn der Stoff hätte das Potential zu einem Home-Invasion-Slasher gehabt. Allerdings zeltet die Gruppe vor dem Haus und kann sich deshalb der namen-, gesichts- und konturlosen Eindringlinge kaum erwehren. Unterm Strich will „Arthur, Malédiction“ von allem ein wenig und erreicht damit überhaupt nichts. Das einzig Unvermittelte, was hier zu sehen ist, ist der Abspann, der ein völlig hysterisches Finale zu einem abrupten Ende bringt.