Cast
Vorstellungen
Filmkritik
Ins Weltall wollte Alfons Zitterbacke, Kosmonaut werden – das war schon in den 1950er-, 1960er-Jahren so, als der Junge in den Büchern von Gerhard Holtz-Baumert erstmals in die Welt trat, das war dann auch 1966 im DEFA-Film „Alfons Zitterbacke“ so – da trainierte der Zehnjährige, indem er nur Essen aus Tuben zu sich nimmt (Senf, Zahnpasta, Anchovispaste) und viel zu lange mit dem Kettenkarussell fährt.
Es ist eine neue Zeit. Im Remake „Alfons Zitterbacke – Das Chaos ist zurück“ wollte Alfons auch noch ins All, inzwischen ist er aber Teenager, 15 Jahre alt, da sind irdischere Dinge wichtiger: Zum Beispiel die neue Mitschülerin Leonie (Leni Deschner). Vor der möchte er sich gerne beweisen, erklärt deshalb seine Kandidatur als Klassensprecher – und lässt sich schließlich auch mit seinem Rivalen Nico (Ron Antony Renzenbrink) auf eine Wette ein: Wem es wohl gelingen wird, auf der Klassenfahrt mit ihr Händchen zu halten und womöglich einen Kuss zu erhaschen?
Ins Teenager-Alter verfrachtet
Man darf dem Versuch, die Figur des Alfons Zitterbacke einige Jahre älter zu machen (Luis Vorbach übernimmt die Rolle, die zuvor Tilman Döbler ausgefüllt hatte), durchaus mit einer gewissen Skepsis begegnen – nicht, weil das gar nicht funktionieren könnte, sondern weil der Charme des Pechvogels, der oft durch Naivität und Abenteuerlust kleinere oder größere Katastrophen anrichtet, ab einem bestimmten Alter nicht mehr so recht greifen will. Teenager sind keine Kinder mehr, insbesondere öffentliche Fehltritte sind bei ihnen schon mit deutlich mehr Scham behaftet.
Insofern macht „Alfons Zitterbacke – Endlich Klassenfahrt!“ sogar so einiges richtig: Die dumme Wette und einige weitere Missgeschicke verdanken sich Alfons’ Versuchen, öffentlicher Beschämung aus dem Weg zu gehen. Und ganz realistisch sind andauernd die Smartphones gezückt, für Fotos, Videos und Nachrichten, zum Musikhören und Surfen. Nur mit den Eltern wird ganz altmodisch telefoniert.
Thorsten Merten gibt den Lehrer Flickendorf als altmodische Witzfigur, Haley Louise Jones seine junge Kollegin, die offenbar einen besseren Draht zur Jugend hat. Setting und Ausstattung sind eher ostalgische Fantasien als realistische Schullandheime, aber Realismus ist für diesen Film natürlich weder notwendig noch gewünscht.
Missgeschicke sind im Voraus zu erahnen
Allerdings gibt sich das Drehbuch von John Chambers und Regisseur Mark Schlichter über diese Aspekte hinaus auch keinerlei Mühe, interessant zu sein. Im Gegenteil. Die Missgeschicke von Alfons und anderen sind meist schon lange im Voraus zu erahnen: Wenn vor der Verwendung des Chilipulvers gewarnt wird (wer verwahrt Chilipulver eigentlich in Kilocontainern?), dann wird natürlich versehentlich irgendwo Chili eingesetzt. Wenn eine Seilbahn so beschädigt ist, dass ihre Nutzung lebensgefährlich sein könnte, dann wird natürlich… sich ein Schema abzeichnen.
„Alfons Zitterbacke – Endlich Klassenfahrt!“ wird auf diese Weise geradezu schmerzhaft vorhersehbar, und dazu gehört auch, dass am Schluss natürlich der Antagonist nicht nur geläutert wird, sondern eine vorher unbeholfen angedeutete Hintergrundgeschichte bekommt, die all seine Unfreundlichkeiten in einem oberflächlich-küchenpsychologischen Dénouement ruckzuck aus dem Weg schafft, und Alfons darf ein bisschen Held sein.
Den jungen Darstellerinnen und Darstellern sollte man das nicht ankreiden, sie spielen tapfer gegen die holprige Dramaturgie und das knirschende Drehbuch an, Leopold Ferdinand Schill darf als Alfons bester Freund Benni nicht viel mehr sein als ein schon recht altbackenes Stereotyp von (Jura-)Nerd, während die famose Lisa Moell als Emilia mit ihrer Mimik und nur einer Handvoll Dialogzeilen jede Szene besser macht, in der sie auch nur zu sehen ist.
Für wen ist dieser Film gemacht?
Das lässt vor allem darob ratlos zurück, für wen denn dieser Film gemacht sein sollte. Die erwachsenen Zitterbacke-Fans werden zwar vielleicht über viele Verweise auf DDR-Geschichte und -Kultur erfreut sein (vom Trabi an der Tankstelle bis zu den Nebenfiguren), die Figur ihrer Kindheit aber nicht wiedererkennen. Für Grundschulkinder ist der neue Alfons schon zu erwachsen, da geht es um zu viel Romantik (immer brav heteronormativ, versteht sich).
Für Teenager allerdings sind Struktur, Sprache und Konflikte zu simpel, zu vorhersehbar, auch schlichtweg nicht interessant. Für sie ist das alles sehr, sehr langweilig, und nur die wenigsten unter ihnen werden goutieren, dass Liedermacher Gerhard Schöne einen (sehr, sehr) kurzen Gastauftritt hat und Gojko Mitić ein Schullandheim im Harz betreibt.