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Filmkritik
Ein fehlender Buchstabe im Titel der Teenager-Komödie von Tim Trachte gab die Richtung vor: „Abschussfahrt“ aus dem Jahre 2015 war ein schlüpfrig-spätpubertärer Spaß um drei Freunde, die auf ihrer Abiturfahrt nach Prag kuriose Abenteuer erleben, bei denen Drogen, Frauen und Alkohol keine unerhebliche Rolle spielen. Ähnliches könnte man auch von „Abikalypse“ erwarten, steckt in dem Wort doch sowohl Abitur als auch Apokalypse, was nach grenzenlosem Besäufnis, gigantischem Feten-Wahnsinn und Feiern, als gäbe es kein Morgen, klingt. Doch der zweite Spielfilm von Adolfo J. Kolmerer nach der Thriller-Komödie „Schneeflöckchen“ (2017) ist weder eine deutsche Antwort auf „American Pie“ noch eine Art „Hangover“ für junge Erwachsene und auch keine moderne „Eis am Stiel“-Variante. „Abikalypse kommt vielmehr als Mischung aus Problemfilm, Liebesdrama und textlastiger „Coming-of-Age“-Story daher.
Musti (Reza Brojerdi), Yannick (Jerry Hoffmann), Hannah (Lea van Acken) und Tom (Lucas Reiber) sind Außenseiter an ihrer Schule, aber zumindest untereinander eng befreundet. Nach dem bestandenen Abitur wollen die Vier allen anderen zeigen, dass sie nicht die Loser sind, für die sie gehalten werden. Beweisen wollen sie das, indem sie eine Abschluss-Party organisieren, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.
Zwischen Facebook und Instagram
Parallel zu den Vorbereitungen der Feier werden die vier Charaktere vorgestellt: der quirlige, an einen ADHS-Patienten erinnernden Musti, der im Schatten seines schwerreichen Vaters steht, der clevere, aber viel zu gutmütige Yannick, der von seiner egozentrischen Freundin belogen und betrogen wird, sowie die in sich gekehrte Ego-Shooter-Spezialistin Hannah und der attraktive Macher Tom, die zwar ihre Liebe füreinander entdecken, aber nicht so recht wissen, wie sie im Alltag damit umgehen sollen.
Der aus Argentinien stammende Regisseur Adolfo J. Kolmerer, der sich als Werbefilmer und Musikvideomacher erste Meriten verdient hat, zeichnet ein authentisches Porträt der zeitgenössischen Jugend zwischen Facebook-Likes und Instagram-Posts. Das spiegelt sich sowohl in der Sprache der Protagonisten als auch in der technischen Umsetzung wider. So nutzt Kolmerer die Leinwand, indem er häufig mit Texteinblendungen von WhatsApp-Nachrichten oder Ähnlichem arbeitet. Außerdem bindet er neben klassischen Kamerabildern auch Aufnahmen von Smart Phones mit ein, die dem Ganzen einen dokumentarischen Touch verleihen.
Gelungen sind auch Sequenzen, in denen die Gedanken und Träume der Hauptfiguren auf originelle Weise Gestalt annehmen. Und schließlich nutzt der Regisseur die in den 1970er-Jahren besonders populäre Methode des Split Screens, um Parallelhandlungen einzubinden, was für die nostalgische Note steht.
Etwas mehr Humor hätte dem Film gut getan
Nichtdestotrotz ist „Abikalypse“ ein hochaktueller Film, der das Social-Media-Gebaren junger Menschen inklusive Cyber-Mobbing und -Bullying weder verteufelt noch vergöttert, sich aber durchaus kritisch damit auseinandersetzt, wenngleich nur an der Oberfläche. Denn was dem Film gänzlich fehlt, ist Humor, obwohl „Abikalypse“ als „sommerliche Komödie“ beworben wird. Doch weder Dialogwitz noch Situationskomik können eine gewisse Durchschlagskraft entwickeln, was auch an den eher mäßigen Leistungen der Hauptdarsteller liegt. Während Reza Brojerdi als Musti völlig übertreibt und in schlimmsten Manierismus verfällt, macht Lea van Acken kaum eine Entwicklung durch; sie bleibt bis zum Schluss ein blass-braves Mauerblümchen, an dem man schnell das Interesse verliert. Und auch Jerry Hoffmann kann wenig mit seinen Texten anfangen; er betet sie weitgehend emotionslos herunter und bleibt so eine Figur ohne Ecken und Kanten.
Natürlich muss ein Initiationsfilm, in dem es um Liebe, Freundschaft und Vater-Sohn-Konflikte geht, nicht zwingend lustig sein, doch „Abikalypse“ nimmt sich entschieden zu ernst; ein paar humoristische Brüche hätten dem Werk sicher gut getan.