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Filmkritik
Durch den Tod ihres siebenjährigen Sohnes wurde Sophia (Catherine Walker) ein Loch ins Herz gerissen, dass sich nicht wieder schließen will. Anders als bei Hiob hat der Schmerz das Gottvertrauen der Katholikin nicht gestärkt, sondern zutiefst erschüttert. Ein ebenso aufwändiges wie gefährliches mystisches Ritual soll es ihr nun ermöglichen, noch einmal mit ihrem verstorbenen Kind zu sprechen.
Obwohl die meisten Horrorfilme lehren, dass solche Kontaktversuche selten eine gute Idee sind, kündigt sich in „A Dark Song“ von Liam Gavin zunächst kein Unheil an. Nüchtern und mit einer Prise schwarzem Humor widmet sich der Film den Vorbereitungen für das Ritual. Nachdem Sophia ein Haus in der walisischen Einöde als Schauplatz der 18 Monate dauernden Prozedur gemietet hat, versucht sie den jähzornigen Okkultisten Joseph (Steve Oram) für ihr Vorhaben zu gewinnen. Der belehrt sie zunächst über die Feinheiten des Abramelin, einer Schrift aus dem 15. Jahrhundert zur Anrufung seines Schutzengels.
Lehrstunde mit dem Rohrstock
„A Dark Song“ dreht sich vor allem um dieses Ritual und setzt dabei weniger auf eine düstere Atmosphäre als auf Detailtreue. Für Sophia beginnt damit gewissermaßen eine Lehrstunde mit dem Rohrstock. Um sich zu reinigen, muss sie giftige Pilze essen, tagelang fasten und meditieren oder Blut trinken. Auch wenn sie Josephs Übergriffigkeiten manchmal sabotiert, ist sie doch ganz der Willkür des zynischen Okkultisten ausgeliefert, der nichts Geheimnisvolles oder Anziehendes hat. Sein lächerliches Kopftuch, die esoterische Kutte und das Fehlen jeglicher Belege für sein Können wirken so, als wollte der Film vor seiner behaupteten Autorität warnen.
Auch den Okkultismus scheint Gavin entzaubern zu wollen. Selbst wenn mit Kreide Dreiecke auf den Boden gemalt wurden und nur noch Teelichter das Zimmer erhellen, will keine unbehagliche Stimmung aufkommen. Lediglich die mal abgehackt rhythmischen, dann wieder dissonant knarzenden Streicher des effektiven Soundtracks von Ray Harman liebäugeln mit dem Unheimlichen.
Das Augenmerk des Films liegt stärker auf der manchmal fast verständnisvollen, meist aber feindseligen bis missbräuchlichen Beziehung zwischen den beiden Protagonisten. Das Machtgefälle ist eindeutig: Während er das Sagen hat, muss sie kochen, putzen und ihn Mister nennen. Lange lässt Gavin im Unklaren, ob das Salz, das Joseph um das Haus gestreut hat, tatsächlich eine unüberschreitbare magische Grenze markiert oder doch alles nur Hokuspokus ist. Ähnlich bedeckt hält sich zunächst auch Sophia über ihre wahren Beweggründe für das Ritual.
Ein Versuch, mit sich ins Reine zu kommen
Dem recht langen, kargen und auf Figurenpsychologie bauenden Mittelteil gelingt es nie so ganz, sein dramatisches Potenzial auszuschöpfen. Ohne den Glauben ans Übersinnliche zu wecken, verharrt er in einem Kitchen-Sink-Realismus, dem es jedoch an einer emotionalen Basis fehlt. Sophias Leid bleibt zu abstrakt, um wirklich zu berühren, und Joseph wird durch den ungebremsten Spieltrieb des Darstellers Steve Oram zur Karikatur eines dauerpöbelnden Ekelpakets.
Wenn Joseph gegen Ende zunehmend ins Abseits gerät und die Inszenierung sich mehr auf die Protagonistin und ihren quälenden Versuch, mit sich selbst ins Reine zu kommen, konzentriert, wird auch der Sog des Films stärker. Schließlich gibt sich „A Dark Song“ doch noch dem Unheimlichen hin und lässt Sophia bei ihrer Suche nach Erlösung auf eine vermutlich nicht nur allegorische Weise in ein dunkles Schattenreich hinuntersteigen. Wirkungsvoll ist das Finale vielleicht auch deshalb, weil der Film mit seiner trockenen Erzählweise einen ein wenig eingelullt hat. In jedem Fall bleiben einige eindringliche Bilder im Gedächtnis, in denen Grauen, Schönheit, Seelenpein und Mystik zusammenfallen.