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Filmplakat von 65

65

94 min | Abenteuer, Science Fiction, Action | FSK 16
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Nach einem katastrophalen Absturz auf einem unbekannten Planeten, stellt der Pilot Mills schnell fest, dass er eigentlich auf der Erde gestrandet ist … vor 65 Millionen Jahren. Ihm bleibt nur eine Chance auf Rettung. Gemeinsam mit der einzigen anderen Überlebenden Koa, versucht er, sich einen Weg durch ein ihnen völlig unbekanntes Gelände voller gefährlicher, prähistorischer Kreaturen zu bahnen. Rasch entwickelt sich ein Überlebenskampf von epischen Ausmaßen.

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Filmkritik

Der Titel „65“ ist eine Zeitangabe. 65 Million Jahre vor der Menschheitsgeschichte liegt der in der Geologie „Kreide-Paläogen-Grenze“ genannte Zeitpunkt, als eines der fünf großen erdgeschichtlichen Massensterben begann, das insbesondere die Ära der Dinosaurier beendete. Die Fauna der Kreidezeit blickt in dem Film ihrem Massenaussterben entgegen. Auf dem erdähnlichen Planeten Somaris hat die Evolution derweil schon eine florierende humanoide Zivilisation hervorgebracht, mitsamt den dazugehörigen, allzu menschlichen, oder genauer: allzu modernen westlichen Zivilisationsprobleme.

Der Raumfahrer Mills (Adam Driver) braucht Geld, um die Operation seiner Tochter (Chloe Coleman) zu bezahlen, die an einer nicht genauer definierten Lungenkrankheit zu sterben droht. Doch seine Explorationsmission findet ein katastrophales Ende, als das Raumschiff in einen Meteorstrom gerät und auf die Erde abstürzt.

Vom Killerinstinkt gesteuertes Kollektiv

Die moderne Raumfahrt der außerirdischen Zivilisation schlägt die Brücke zwischen Kreidezeit und Holozän, zwischen Menschheit und Dinosauriern. Das Zusammentreffen findet nicht im Genre der Science-Fiction, sondern als Horrorfilm statt. Mills, der sich nach dem Absturz bereits das futuristische Gewehr zum Suizid angesetzt hat, findet unerwartet die neunjährige Koa (Ariana Greenblatt) und damit auch das entscheidende bisschen Hoffnung, um den Weg zur Fluchtkapsel des havarierten Raumschiffs auf sich zu nehmen.

Wie sich schnell zeigt, ist die Reise über die fremde vertraute Erde eine Einführung in ihre tödliche Geografie: Geysire, Moore, Höhlen, sterbende Wälder und Treibsand machen den Trip schon ohne die Anwesenheit von Riesenechsen zur permanenten Gefahr für Leib und Leben.

Als ein Film, dessen Bildreservoir zu weiten Teilen von Flora und Fauna der Kreidezeit bestimmt ist, interessiert sich „65“ erstaunlich wenig für Biologie. Die Natur der Kreide-Paläogen-Grenze ist laut „65“ eine ausschließlich von Prädatoren bevölkerte Welt, ein von Innen heraus korrumpiertes und faulendes Imperium, das am Ende seiner Lebzeit angekommen ist. Die gesamte prähistorische Fauna erscheint als ein vom Killerinstinkt gesteuertes Kollektiv, das nur die Jagd zum Ziel hat. Die ästhetische Entsprechung dazu ist nicht ein bewundernder Blick aus dem Safari-Geländewagen hinauf zu den Giganten der Vorzeit, sondern der „Jump Scare“, mit dem diese Vorzeit Mills’ Blick von seinem Display lösen muss.

Die Brutalität der Natur

Eine Ästhetik, die von den Regisseuren Scott Beck und Bryan Wood so effizient wie gekonnt in die Kreidezeit bringen. Bevor der Fremde Mills diese Zeit und ihre Umwelt wahrnehmen kann, hat sie ihm bereits ihre Zähne in den Leib geschlagen und lässt auch dann nicht ab, als seine futuristischen Waffen anfangen, Teile davon zu pulverisieren. Das ist emblematisch für einen Film, der prähistorische Flora und Fauna nicht entdeckt, sondern auf eine dramaturgisch nützliche Letalität zurecht trimmt.

Das ergibt spannende Szenen, bringt aber auch verpasste Chancen mit sich. Das eigentlich interessante Moment, das Fremdsein in der Welt und die damit einhergehende Verunsicherung, wird übersprungen. Das Fremde an der Erde ist allein die Brutalität ihrer Natur. Eine Perspektive, der schlichtweg das Gegengewicht fehlt. Die Schönheit der prähistorischen Erde wird gar nicht erst zum Thema, und das Leben und Leiden der allzu humanoiden Aliens brodelt subkutan vor sich hin.

Adam Driver ist gut genug, um das in zwei Halbsätzen eingeworfene Trauma der kranken Tochter in seinen Körper einzuschreiben und hinter dem Überlebensinstinkt, den antrainierten und improvisierten Handgriffen und den permanenten körperlichen Grenzgängen sichtbar zu verbergen. Eine Performance, die das Innersten nie herauslässt, weil es im Überlebenskampf auf dem fremden Planeten keinen Platz hat. Als Mills, von Koa beobachtet, an einem Fluss in sich zusammensackt, beteuert er ungefragt wieder und wieder, er sei nur erschöpft; Schmerz, Tränen, Erinnerung und Verzweiflung drängt er mit aller Kraft zurück, um die für sich und seine Begleiterin nötige Kraft zu finden, den Marsch fortzusetzen.

Die Angst der Außerirdischen

Sicher spricht aus diesen Szenen auch die Ernsthaftigkeit, mit der das Regie-Duo die B-Movie-Prämisse abhandeln. Selbst dort, wo Außerirdische mit futuristischen Waffen eine Gruppe von Raptoren in Stücke schießen, bleibt der Film beherrscht; er wendet den Blick ab vom Spektakel, hin zu der Angst, die den Außerirdischen ins Gesicht geschrieben steht. Die Interaktionen, die nicht tödlich enden, werden mit moderner Technologie buchstäblich bis zur aseptischen Reinheit gefiltert. Die vom Strauch gepflückten Beeren, das im Bach fließende Wasser, der Sternenhimmel, die Gesteinsformationen: Alles wird mit einem der technischen Allzweck-Apparate aufgeschlüsselt und seiner Faszination beraubt.

„65“ ist ein allzu pragmatischer Film: Die Expedition in die Tiefen des All ist kein historisches Unterfangen, sondern ein Job. Eine Brücke zu schlagen zwischen fernen Planeten, zwischen Welten, Zeiten und biologischen Verwandten, die durch Jahrmillionen oder dutzende Lichtjahre getrennt sind, ist kein Meilenstein, sondern ein schlichter Unfall. Wer das akzeptiert, ist auf der prähistorischen Erde in guten Händen.

Erschienen auf filmdienst.de65Von: Karsten Munt (28.1.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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